Lichtverschmutzung: Wenn die Nacht zum Tag wird

Lichtverschmutzung: Wenn die Nacht zum Tag wird

Wenn künstliches Licht den Nachthimmel dauerhaft aufhellt, bringt das ganze Ökosysteme durcheinander. Auch in Leipzig machen Reklametafeln, Zierbeleuchtungen an Gebäuden, in Parks oder Gärten und die stadtweite Straßenbeleuchtung die Nacht zum Tag. 

Von Natur aus erhellen uns die Planeten unseres Sonnensystems, der Mond, Milliarden von Sternen und das sanfte „Airglow“ der Erdatmosphäre den Nachthimmel. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts begannen wir Menschen den natürlichen Nachthimmel aufzuhellen. Lichtverschmutzung meint, anders als das Wort suggeriert, die systematische Verschmutzung des natürlichen Nachthimmels mit künstlichem Licht.

Bis zu 1,3 Milliarden mal dunkler kann eine Neumondnacht ohne Lichtverschmutzung gegenüber der Helligkeit an einem sonnigen Sommertag sein. Am täglichen Wechsel von hell und dunkel orientieren sich die meisten Lebewesen auf der Erde seit Milliarden von Jahren. Wenn die Nacht zum Tag wird, hat das für Flora, Fauna, Mensch und Klima gravierende Folgen.

Auswirkungen der Lichtverschmutzung 

Die Folgen für tagaktive Lebewesen

Tagaktive Lebewesen erleben Schlafstörungen oder Schlafmangel und damit einhergehend Erschöpfung, Störungen in der Zellregeneration oder Krankheiten. Der Biorhythmus zahlreicher Lebewesen wird durch dauerhaftes nächtliches Kunstlicht massiv gestört.

Der Lebensrhythmus von tagaktiven Vögeln kann beispielsweise durch einen veränderten Hell-/ Dunkelrhythmus durcheinander kommen: Im Winter, wo Nahrung schwer zu finden ist, versuchen die Tiere ihren Energieverbrauch stark zu drosseln. Eine zu helle nächtliche Umgebung durch künstliche Lichtquellen stört den erholsamen Schlaf der Vögel und hindert sie daran, den Stoffwechsel und damit den Energiebedarf ausreichend runterzufahren.

Im Frühjahr kann die künstliche Nachtbeleuchtung dazu führen, dass die Männchen einiger Singvogelarten zu zeitig beginnen zu singen. In der Folge kommt es zu einer artuntypisch frühzeitigen Paarung und Brut, noch bevor ein ausreichendes Nahrungsangebot zur Verfügung steht.

Die Folgen für nachtaktive Lebewesen

Bei nachtaktiven Lebewesen kann die Lichtverschmutzung zu Irritationen und Ablenkung führen. Statt am Sternenlicht orientiert Futter zu suchen oder sich zu paaren, werden viele Tiere vom künstlichen Licht angezogen. Jeden Sommer sterben in Deutschland 100 Milliarden Insekten direkt oder indirekt durch die allnächtliche Straßenbeleuchtung: Sie verbrennen durch die Hitze der Laternen, werden von Fressfeinden vertilgt, die das Licht ebenfalls angelockt hat oder fallen nach stundenlangem Umkreisen des Lichts leblos auf den Asphalt.

Der Orientierungssinn von nachtaktiven Vögel, wie der Eule, oder von Zugvögeln kann durch die Lichtverschmutzung gestört werden und zu Irritationen oder Kollisionen führen.

Viele Fledermausarten scheuen das Licht und werden durch die Lichtverschmutzung von der nächtlichen Futtersuche abgehalten. Besonders helles/ blaues Licht nimmt den Tieren die Orientierung und führt zu Zusammenstößen mit Gebäuden, Autos und anderen Objekten.

 

Die Folgen für Pflanzen

Bei Pflanzen kann es durch die Verschiebung des Hell-/ Dunkelrhythmus zu einer veränderten Produktion von Nektar und Pollen kommen. Einige Pflanzen gehen zu zeitig in Blüte oder zu spät in Vegetationsruhe, was zu Nahrungsmangel bei Insekten, Frostschäden oder Ernteausfällen führen kann.

Die Folgen für Wasserlebewesen

Hell erleuchtete Uferpromenaden oder Brücken stören die Aktivitäten und den Lebensrhythmus zahlreicher Wasserlebewesen.

Die Folgen für uns Menschen

Für die menschliche Gesundheit ist ein ausgewogener Wach-/ Schlafrhythmus von großer Bedeutung. Nächtliches Kunstlicht, vor allem aus dem blauen Spektrum, schränkt die Bildung von Melatonin ein. Das Hormon steuert unter anderem die Regenerations- und Reperaturprozesse im Körper.

Die Folgen für das Klima

Auch wenn künstliche Beleuchtung von Jahrzehnt zu Jahrzehnt energieeffektiver und günstiger geworden ist, sorgt allein Deutschlands Beleuchtung im öffentlichen Raum jährlich für einen immensen Energieverbrauch mit einer CO2-Produktion von mehr als zwei Millionen Tonnen.

Solarleuchte Lichtverschmutzung
Auf Solarlichter, die den Garten oder Balkon die ganze Nacht über erhellen, ist im Sinne von Flora und Fauna zu verzichten.

Konkrete Möglichkeiten, um Lichtverschmutzung zu reduzieren

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um Lichtverschmutzung nachhaltig zu reduzieren: sowohl im privaten wie auch öffentlichen Bereich. Dabei steht die Optimierung unverzichtbarer Nachtbeleuchtung und das Weglassen unnötiger Lichtquellen im Fokus. Dazu hat der Leipziger Stadtrat auch schon den sogenannten Lichtmasterplan beschlossen, die einige der folgenden Ideen enthalten.

Verzicht auf Deko-, Werbe- und unnötige Dauerbeleuchtung

  • Werbebeleuchtung sollte ab 22 Uhr konsequent abgeschaltet werden.
  • Beleuchtung mit Bewegungsmelder macht Dauerlicht dort unnötig, wo nur selten Licht gebraucht wird, aber ein völliger Verzicht dennoch nicht denkbar ist. Diese Variante spart Energie und garantiert gleichzeitig die Sicherung von Wegen oder die nächtlichen Orientierung. Die Schaltzeiten sollten kurz, aber ausreichend gewählt werden. 
  • Auf nächtliche Dekobeleuchtung, wie Solar-Leuchten in Gärten oder Teichen, ist konsequent zu verzichten.
  • Auch Innenlicht kann durch Fensterscheiben nach außen dringen und je nach Farbe, Helligkeit und Dauerhaftigkeit zur Lichtverschmutzung beitragen. Im Innenbereichen ist abends eine warme, minimal helle Beleuchtung empfehlenswert. Nach außen kann helles Licht durch Jalousien, Vorhänge oder ähnliches abgeschirmt werden. 

Die richtige Licht-Farbe und -Helligkeit wählen

Blaues Licht verschlechtert den Nachtschlaf tagaktiver Lebewesen, lockt Insekten besonders stark an und blendet am intensivsten. Nachts sollte daher eine gelb-orangefarbene Lichtfarbe gewählt werden. Eine geringe Kelvin-Zahl weißt auf geringe Blauanteile des Lichts hin, eine große Kelvin-Zahl auf ein kaltes Licht mit hohen Blauanteilen: 1700-2200 Kelvin entsprechen einer gemütlichen Lichtfarbe. Auch „warmweißes“ Licht mit 2700 bis 3000 Kelvin ist empfehlenswert. Lichtfarben ab 3000 Kelvin haben deutliche Weiß- und Blauanteile und sollten im Außenbereich möglichst vermieden werden. 

Ein zweiter wichtiger Wert ist die Lumenzahl, die die Helligkeit des Lichts angibt. Ungeschirmt sollte ein Außenlicht nicht mehr als 500 Lumen haben. Geschirmt und mit Bewegungsmelder zeitlich limitiert, kann die Lumenzahl auch bei 1000 liegen.

Licht-Richtung und -Höhe optimieren 

Beleuchtet das Nachtlicht gezielt den Bereich, wo Licht benötigt wird, kann bis zu 80% nutzlos in alle Richtungen abgestrahltes Licht eingespart werden. Meistens wird eine Bodenbeleuchtung benötigt, so dass die Lichtquelle allein in diese Richtung strahlen und ansonsten abgeschirmt werden sollte. Alternativ ist eine LED-Reflektorlampe empfehlenswert, die sehr hell und sehr gezielt beleuchtet.

Je niedriger eine Lichtquelle montiert wird, desto weniger Licht wird gestreut und seitlich abgestrahlt. Gleichzeitig wird durch eine geringe Installationshöhe der Lichtquelle deutlich Energie und CO2 eingespart.

Quellen: Max-Planck-Gesellschaft, paten-der-nacht.de

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