Mehr Tempo 30 in unserer Stadt
Mehr Tempo 30 in unserer Stadt
Tempo 30 hat viele Vorteile: weniger Lärm, bessere Luft und mehr Sicherheit auf unseren Straßen. In diesem Artikel haben wir Ökolöwen gute Argumente und Wirkungen von geringeren Geschwindigkeiten in der Stadt zusammengefasst.
Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Auto – in einer lebendigen Stadt ist immer viel Verkehr. An manchen Orten ist es aber lauter, hektischer und viel gefährlicher als es sein müsste. Tempo 30 hilft, die Situation für alle Verkehrsteilnehmer:innen zu verbessern und sicherer zu gestalten.
Klick Dich durch diesen Artikel und überzeug Dich selbst, warum mehr Tempo 30 in unseren Städten sinnvoll ist.
Kürzerer Anhaltewege bei Tempo 30
Bei Tempo 30 kommt das Auto schon nach 13 Metern zum Stehen. Bei Tempo 50 hat man in dieser Zeit noch nicht einmal auf das Bremspedal getreten. Der Aufprall erfolgt bei voller Geschwindigkeit.
Breiteres Sichtfeld bei Tempo 30
Bei Tempo 50 liegt der Blick ca. 40 Meter weit vor dem Fahrzeug, bei Tempo 30 nur etwa 15 Meter. Der Blickwinkel ist breiter und das Geschehen rechts und links der Fahrbahn wird besser wahrgenommen. Wenn plötzlich am Straßenrand etwas geschieht, können wir schneller reagieren.
Geringere Aufprallenergie und höhere Überlebenschancen
2022 verloren 2.790 Menschen ihr Leben im Straßenverkehr und ungefähr 353.000 wurden verletzt. Tempo 30 verhindert Unfälle, denn: In Tempo-30-Zonen passieren etwa 40 % weniger Unfälle als in vergleichbaren Tempo 50-Bereichen.
Kommt es zu einem Zusammenprall, sind die Überlebenschancen einer Person bei einem Unfall mit Tempo 30 wesentlich höher als bei einem Zusammenstoß mit Tempo 50. Bei dieser Geschwindigkeit sterben acht von zehn Menschen.
Der Aufprall bei 30 km/h entspricht etwa einem Sturz aus dem 1. Stock, der Aufprall bei Tempo 50 bereits einem Sturz aus dem 3. Stockwerk. Vision Zero geht nur mit mehr Tempo 30!
Weniger Lärm und bessere Luft
Die Verringerung der Geschwindigkeit auf 30 km/h reduziert den Verkehrslärm je nach Straßenbelag um 2 bis 5 dB(A). Bereits eine Absenkung um 3 dB(A) nehmen wir wie eine Halbierung der Verkehrsmenge wahr.
Die Einführung von Tempo 30 erhöht die Luftqualität in unseren Städten. Wie groß diese Verbesserung ist, hängt jedoch von sehr vielen Faktoren ab.
Hier gilt die Faustregel: langsamer + gleichmäßiger = schadstoffärmer.
Mehr Lebensqualität
Straßen sind nicht nur Verkehrstrassen. Sie sind öffentliche Räume, in denen sich das tägliche Leben abspielt. Tempo 30 sorgt für mehr Entspannung, weniger Hektik und Stress für alle – egal, ob wir gerade unterwegs sind, im Straßencafé sitzen, uns unterhalten, Besorgungen machen oder mit unseren Kindern spielen. Tempo 30 sorgt ganz generell für mehr Lebensqualität in unserer Stadt.
Mehr soziale Interaktion
Wie wohl wir uns in der Stadt fühlen, hängt auch davon ab, wie viel sozialen Kontakt wir mit anderen Menschen haben und wie belebt die Straßen in unserem Wohnviertel sind. Laute und schnelle Autos laden nicht dazu ein, sich auf der Straße aufzuhalten.
Tempo 30 hingegen schafft mehr Raum für Begegnungen: Straßen können sicher überquert werden und wir können uns ungestört am Straßenrand mit Nachbarn unterhalten oder spontan Freunde treffen. Dieses Prinzip beschrieb der Stadtplaner Donald Appleyard bereits Anfang der 1980er Jahre. Die Zusammenhänge kannst Du hier als Video nachschauen.
Alle guten Argumente findest Du in unserem Faltblatt im praktischen Poster-Format zusammengefasst – mit Tempo 30-Plakat auf der Rückseite!
∇ Lade Dir das Faltblatt einfach als PDF herunter.
Das Faltblatt "Tempo 30 in unserer Stadt“ zum Download:
Einen guten Überblick über die vielen verschiedenen Studien zu Tempo 30 hat das Umweltbundesamt in der Publikation "Wirkungen von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen" zusammengestellt.
Aktueller Umsetzungsstand für Tempo 30
Laut einer Untersuchung des Institutes für Länderkunde aus dem Jahr 2023 gilt auf 40 % des Leipziger Straßennetztes Tempo 30. Auf Nebenstraßen sind es bereits 63 %. Bundesweite Vorreiter sind Berlin mit über 60 % und München mit 56 %.
Was die Umsetzungspotenziale angeht, sieht die Untersuchung noch viel Luft nach oben: Leipzig hat als Kommune einen unterdurchschnittlichen Gestaltungsspielraum im Vergleich zu Kommunen aus anderen Bundesländern. Auch bei der Ausnutzung dieses Spielraumes erreicht Leipzig maximal das Prädikat „Durchschnitt“.
Umsetzungsmöglichkeiten für Tempo 30 in Kommunen
In der StVO wurde im Jahr 1957 festgelegt, dass Tempo 50 die normale Geschwindigkeit in den Städten der Bundesrepublik ist (vor dem zweiten Weltkrieg waren es 40 km/h). Jede Abweichung von Tempo 50, ob nach oben oder nach unten, muss seit über einem halben Jahrhundert von den lokalen Straßenverkehrsbehörden aufwendig begründet werden. Tempo 30, Tempo 10 (verkehrsberuhigter Bereich / Spielstraße) aber auch Tempo 60 darf in einer Straße nur im Ausnahmefall angeordnet werden.
Kommunen haben dennoch verschiedene Möglichkeiten außerhalb der StVO Tempo 30 anzuordnen. Diese werden wir euch im Folgenden erläutern:
Tempo 30 an lauten Hauptstraßen
Viele Kommunen ordnen Tempo 30 über ihre Lärmaktionspläne an. Der Bundesgesetzgeber gibt vor, dass die Schilder dort montiert werden dürfen, wo der Lärmwert über 65 Dezibel beträgt. Wie es mit der Umsetzung von Tempo 30-Strecken in Leipzig?
Tempo 30 vor Schulen, Kitas und sozialen Einrichtungen
Tempo 30 kann auch abseits von Lärmaktionsplänen vorangetrieben werden. Ein Passus in der Straßenverkehrsordnung erlaubt die Anordnung von Tempo 30 vor Schulen, Kitas und sozialen Einrichtungen, wie z. B. Altenpflegeheimen. Die Stadt Leipzig nutzt diese Möglichkeit mittlerweile konsequent – vor allem auf Initiative von uns Ökolöwen.
Unser Engagement führte dazu, dass vor über 100 solcher Einrichtungen in Leipzig heute Tempo 30 gilt. Ein toller Erfolg mit einem kleinen Hacken: An einigen Hauptstraßen ist dadurch ein Flickenteppich aus verschiedenen Geschwindigkeitsregelungen entstanden.
Minimalkompromiss: Lückenschluss zwischen zwei angeordneten Tempo 30-Strecken
Auf Druck von Ländern und Kommunen hat das Bundesverkehrsministerium im Juli 2024 einige kleine Zugeständnisse gemacht:
- Lücken zwischen zwei Tempo 30-Zonen sollen flexibler geschlossen werden können, damit der Verkehr leichter fließt. Bisher ist es bei Lücken bis 300 Meter möglich – künftig können es bis zu 500 Meter sein.
- Vor Schulen soll Tempo 30 nicht nur direkt am Eingang, sondern auch auf vielbefahrenen Schulwegen möglich sein.
- Tempo 30 kann ab jetzt auch auf Straßen an Spielplätzen angeordnet werden.
Ein erstes Positivbeispiel für die Anwendung dieser neuen Regel könnt ihr auf der Könneritzstraße erleben.
Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit
Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit trägt der heutigen Realität bereits Rechnung. Sie ist heute die mit Abstand am häufigsten angeordnete Höchstgeschwindigkeit in deutschen Städten. Das sollte sich auch in der StVO widerspiegeln. Das Ziel ist die Regelumkehr: 30 muss das neue 50 werden.
Die Stadt Leipzig hat dafür bereits im Jahr 2021 das Netzwerk "Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten" mitgegründet. Dieser haben sich bis heute (2025) 1.124 Städte und Kommunen angeschlossen.
Fazit
Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit würde eine Menge Verwaltungsaufwand sparen und die letzten Lücken in den Wohngebieten schnell schließen. Tempo 50 wird es auf Hauptverkehrsstraßen auch mit dieser Regel weiterhin geben, wenn es entsprechend begründet ist.
Für eine neue StVO, die der Lebensrealität in den Städten entspricht, braucht es allerdings eine:n Bundesverkehrsminister:in, der oder die diese Realitäten auch anerkennt.
Meilensteine für die Umsetzung von Tempo 30
1983
Im niedersächsischen Buxtehude wird Deutschlands erste Tempo 30 Zone eingerichtet.
1991
In unserem Ökolöwen-Rahmenplan für eine ökologisch orientierte Verkehrsentwicklung fordern wir flächendeckende Einführung von Tempo 30-Zonen in allen Leipziger Wohngebieten.
2014
Leipzigs Stadtrat beschließt die Anordnung von Tempo 30 vor allen Schulen, Kitas und sozialen Einrichtungen.
2021
Spanien legt Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit für alle innerörtlichen Straßen mit weniger als zwei Richtungsfahrbahnen fest.
Juli 2021
Leipzig gründet gemeinsam mit anderen Städten die Initiative “Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten" – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglicheren Verkehr.
August 2021
Die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, führt stadtweit Tempo 30 in Frankreichs Hauptstadt ein. Über 200 weitere französische Städte folgen ihrem Beispiel und führen ein generelles Tempolimit von 30 km/h ein.
Oktober 2022
Der neue Lärmaktionsplan der Stadt Leipzig wird beschlossen: An zu lauten Hauptstraßen in Leipzig müssen jetzt Tempo 30-Schilder aufgestellt werden.
Juli 2024
Das Bundesverkehrsministerium passt die Verwaltungsvorschrift für die Umsetzung von Tempo 30 an: Es kann ab jetzt auch auf Straßen an Spielplätzen angeordnet werden.
Appell für ein fußgängerfreundliches Leipzig
Zu schnell fahrende Autos gefährden uns als Fußgänger:innen besonders. Mit dem Ökolöwen-Appell für ein fußgängerfreundliches Leipzig fordern wir mehr Tempo 30, kindegerechte Wege und verkehrsberuhigte Bereiche in der ganzen Stadt. Die Vision Zero, null Verkehrstote in Leipzig, muss ein übergeordnetes Ziel werden. Jetzt unterschreiben!
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