Hausprojekt in der Merse: Pflanzen beleben den Kiez

Hausprojekt in der Merse: Pflanzen beleben den Kiez

Fassadenbegrünung selbst anlegen? - Ja das geht! Wie man mit etwas Kreativität und handwerklichem Geschick zu einer schönen und kostengünstigen Bepflanzung kommt, zeigt uns ein Hausprojekt im Leipziger Westen.

Vor dem Haus in der Merseburger Straße war bis vor kurzem weit und breit kein Stadtgrün zu finden. Für die Hausgemeinschaft war klar: Das wollen wir ändern - mit Kletterpflanzen! 

Die Bewohner:innen Sven und Anne haben sich um die Organisation und Bepflanzung gekümmert. Wie sie das Projekt kreativ umgesetzt haben und wie die Nachbarschaft auf das neue Straßengrün reagiert, hat uns Sven bei einer Tasse Kaffee erzählt. 

Ihr habt ja im August diese Fassadenbegrünung hier angelegt, in einer Straße, die ansonsten recht grau ist. Wie war die Resonanz in der Nachbarschaft?

Mega positiv! Schon während wir mit kleinen Schaufeln auf dem Gehweg die Pflanzgruben ausgehoben haben, kamen viele interessierte Leute auf uns zu. Das war ein richtig schönes Gefühl. Ich freue mich einfach darüber, dass wir dadurch den Kiez ein bisschen lebhafter gestalten und mit Leuten quatschen können. 

Schlussendlich verbessern die Pflanzen nicht nur das eigene Hausklima, sondern auch das der gesamten Straße. Eine Nachbarin war so inspiriert, dass sie jetzt auch ihre Hausfassade begrünen möchte und das Thema in die Eigentümer:innenversammlung einbringt. Eine ältere Passantin kam auf uns zu und hat uns sogar finanzielle Unterstützung angeboten, so begeistert war sie von unserer Initiative. 

ANsicht der Merseburger Straße ohne Bäume
Egal in welche Richtung man schaut - dieser südliche Abschnitt der Merseburger Straße hat leider keine Straßenbäume.

Kannst Du uns etwas über euer Hausprojekt erzählen und darüber, wie ihr zu der Idee mit der Fassadenbegrünung gekommen seid?

Unser Haus war lange Zeit ein Wächterhaus - das heißt, wir haben das Gebäude saniert und keine Miete gezahlt, nur Betriebskosten. Im Gegenzug konnten wir hier wohnen und kulturelle Angebote machen. Die Zukunft unserer Wohnsituation war lange unklar.  

Als die Solidarische Wohnungsgenossenschaft das Objekt übernommen hat, war das eine große Erleichterung. Seitdem haben wir feste Mietverhältnisse. Mit der Planungssicherheit im Rücken konnten wir endlich größere Renovierungen anstoßen.  

Bei der Dämmung der Hofseite kam uns dann die Idee, die Fassade zu begrünen. Da haben wir erstmalig das Beratungsangebot des Ökolöwen mit dem Projekt Kletterfix in Anspruch genommen und passende Pflanzen kostenfrei über das Projekt bezogen. Das war quasi der Anfang unserer Gebäudebegrünung. 

Jetzt habt ihr aber auch auf der Straßenseite Fassadengrün. Wie kam es dazu?

Die Pflanzaktion im Innenhof ist jetzt zwei Jahre her und es ist wirklich schön geworden. Durch die gelben Wände und den Wein entsteht sehr angenehmes Licht, es fühlt sich immer ein bisschen an wie Urlaub. Die Weintrauben, die dort im Herbst wachsen, sind echt lecker. 

Das hat uns so gut gefallen, dass Anne und ich die Hausgemeinschaft von einer Begrünung auf der Straßenseite überzeugt haben und uns bereit erklärt haben dafür die Verantwortung zu übernehmen. Also haben wir zwei das Heft in die Hand genommen und uns an die Umsetzung gemacht.

Weinreben auf der gelben Fassade im Hinterhof
Innenhof mit Traubenwein (Vitis vinifera), -die Pflanzen wurden vor zwei Jahren gepflanzt. Vor dem Herbsteinbruch war der Bewuchs üppiger, inklusive Weintrauben.

Kannst Du uns etwas von der Umsetzung der straßenseitigen Begrünung erzählen?

Der Ökolöwe hat uns wieder bei der Pflanzenwahl beraten, Pflanzen kostenlos zur Verfügung gestellt und erklärt welche Genehmigungen wir brauchen. Das war dann schon etwas aufwendiger, als bei der Begrünung im Hinterhof. Da die Fassade denkmalgeschützt ist, und es einen gepflasterten Gehweg gibt, mussten wir nämlich mit verschiedenen Ämtern reden: dem Amt für Bauordnung und Denkmalpflege und dem Mobilitäts- und Tiefbauamt. Die Genossenschaft konnte da gut vermitteln. Detailfragen haben wir immer per Mail oder telefonisch mit euch besprochen. 

Wie hat sich die Kommunikation mit den städtischen Ämtern gestaltet?  

Das lief sehr reibungslos ab!  Alle Ansprechpersonen waren mit der Thematik gut vertraut und haben uns Hinweise zur praktischen Umsetzung gegeben. Da die Fassade denkmalgeschützt ist, hatten wir die Vorgabe, die Wandbefestigung zwischen den Klinkern anzubringen. Auch zur Gestaltung der Pflanzgruben haben wir praktische Tipps bekommen. Außerdem wurden wir darum gebeten die Pflanzen durch Schutzgitter vor Vandalismus zu schützen.  Nachdem wir alle Genehmigungen zusammen hatten, haben wir die Pflanzgruben ausgehoben und die Schutzgitter angebracht.

Welche Pflanzen wachsen nun bei euch? 

An der hinteren Fassade gedeihen Akebie, Wein und Jungfernrebe.  

Für die zweite Pflanzaktion an der Straßenseite wollten wir heimische Pflanzen mit ökologischem Mehrwert. Wichtig war auch, dass sie ungiftig sind. Nach der Beratung des Ökolöwen haben wir uns als Hausgemeinschaft deshalb für Hopfen entschieden. Da der Hopfen im Herbst seine Blätter verliert haben wir zusätzlich noch Akebien gepflanzt. Die sind zwar nicht heimisch, bleiben aber fast das ganze Jahr über grün und haben schöne Blüten. Insgesamt wachsen vorne nun vier Pflanzen: zwei Akebien und zwei Hopfen.

Wie lief die Begrünung der Fassade an der Straßenseite ganz praktisch ab?  

Im Juli und August haben wir insgesamt vier Pflanzgruben angelegt. Uns wurden Gruben mit einer Tiefe von 60 cm empfohlen, die wir dann auch selbst ausgehoben haben. Das war gar nicht so einfach, weil man auf dem gepflasterten Gehweg keinen Platz hat für große Schaufeln. Da haben wir dann wirklich die Schaufeln der Kinder aus dem Sandkasten im Garten genommen und händisch die beiden Gruben ausgebuddelt. In der Sommerhitze war das schon anstrengend. Aber dadurch kamen viele nette Gespräche zustande und wir hatten unseren Spaß.   

In der Pflanzgrube mussten wir eine Sperre anbringen, welche die Wurzeln vom Pflaster fernhält. Zur Drainage haben wir die Grube mit Kieseln befüllt und dann den Rest mit Muttererde und eigenem Kompost aufgefüllt.

Schutzgitter an der Pflanzgrube.
Akebie mit Schutzgitter Marke Eigenbau

Wie teuer war das gesamte Vorhaben?

Ich schätze mal insgesamt etwas über 300 Euro. Dadurch, dass wir das meiste selbst gebaut und angebracht haben, konnten wir viele Kosten sparen.  Die Schutzvorrichtung haben wir zum Beispiel aus einem Gitter, das wir im Baumarkt gekauft haben, an einem Baum zurechtgebogen. Das Teuerste waren die fachgerechten Kletterhilfen, die wir bei der Leipziger Firma Fassadengrün bestellt haben. Die konnten wir dann mit einer Bohrmaschine selbst an die Fassade anbringen. Das ging sehr gut. 

Wie pflegt ihr eure Pflanzen?

Für die Pflege der Pflanzen sind Anne und ich verantwortlich. Aufgrund der Anpflanzung während der sommerlichen Hitze mussten wir ordentlich gießen. Da hat teilweise jede Pflanze eine Gießkanne pro Tag abbekommen. Aber auch in den nächsten Jahren werden wir noch weiter bewässern müssen, bis die Pflanzen tief genug wurzeln, um sich selbst zu versorgen. 

Sonst zuppel ich ab und zu mal an den Pflanzen herum, zum Beispiel um den Hopfen an das Pflanzgerüst zu bringen und in die richtige Richtung zu lenken. Der ist in den ersten Monaten nämlich schon ordentlich gewachsen. 

Du möchtest weiterlesen?  

Wir Ökolöwen haben im Rahmen von Kletterfix bereits mehr als 150 Begrünungsprojekte in Leipzig begleitet. Ein paar Beispiele für gelungene Fassadenbegrüngen haben wir dokumentiert, damit sie Nachahmer:innen inspirieren.

Mit unserem Projekt Kletterfix unterstützen wir auch Dich gern bei Deiner Fassasdenbegrünung. Wie, zeigen wir Dir in fünf Schritten zur grünen Wand.

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