CarSharing in Leipzig

CarSharing in Leipzig

Angekommen, aber noch lange nicht am Ziel. Über die Anfänge des CarSharings und zukünftiges Autoteilen in Leipzig.

Erstes teilAuto, ein Skoda Favorit. Die Initiatoren stehen um das Auto herum, ein Fahrrad ist auf dem Dach des Autos befestigt (Quelle: teilAuto.net)

Angefangen hat alles 1992, als die Idee des Autoteilens aus Frankfurt am Main nach Leipzig kam. Es fanden sich an die 30 Gleichgesinnte, die eine Leipziger Ortsgruppe der CarSharing Deutschland Genossenschaft gründeten. Mit jeweils einem Auto an drei Standorten mussten die Autoteiler damals auskommen.

1993 wurde in Halle (Saale) der Verein Teilauto ins Leben gerufen. Mit sieben Leuten, einem Auto, einem Rohrtresor und Fernabfragegeräten für einen Anrufbeantworter. Die Medien nahmen die Geschichte von „einer fixen Idee und einem Skoda“ gerne auf. Dass der Verein sein Büro im Reformhaus an der Klausbrücke fand, mag dazu beigetragen haben, dass die Regionalpresse noch Jahre später etwas herablassend schrieb, dass Carsharing „aus der Müsli-Ecke herauskommen müsse“, um erfolgreich zu sein. Nach einem Umzug (1998) wurde das Hallenser Büro unter dem damaligen Geschäftsführer Thomas Pitzschke in „Mobility-Center“ umbenannt. Spätestens damit war auch sprachlich der Sprung in die Gegenwart geschafft.

Projekt des Ökolöwen treibt CarSharing in Leipzig voran

Leipzigs erstes teilAuto, die am Projekt Beteiligten stehen um das Auto herum.
Leipzigs erstes teilAuto im Jahr 1999

Wir Ökolöwen lancierten von Januar 1999 bis Dezember 2000 mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) ein Projekt, um CarSharing auf kommunaler Ebene voranzutreiben. Die Projektgruppe um Michael Schaaf, Fritjof Mothes, Ralf Elsässer und Gesine Zuchanke wollte die Nutzerzahlen in Leipzig erhöhen und so eine Reduzierung des Autobestandes herbeiführen.

Nachdem sich die Geschäftsführung der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) für eine Einführung von CarSharing ausgesprochen hatte, unterstützte das Ökolöwenprojekt die LVB bei der Auswahl eines Kooperationspartners und empfahl Teilauto dafür. Der Verein war bereits im März 2000 nach Leipzig (und Erfurt) expandiert und wurde dabei von uns Ökolöwen als CarSharing-Anbieter teilAuto Leipzig/Halle beim strukturellen Aufbau unterstützt.

Im Juli 2000 eröffnete teilAuto sein Büro in der Grünewaldstraße 19 (Bürogemeinschaft mit ADFC und VCD) und Michael Creutzer wurde um diese Zeit herum als Geschäftsführer für Leipzig berufen. Die Nutzerzahlen in Leipzig stiegen bis Ende 2000 von 60 auf 400 an. An acht Stationen wurden über 20 Fahrzeuge angeboten.

„Konkurrenz belebt das Geschäft“ – LVB mischen im CarSharing mit

Trotz Empfehlung des Ökolöwen entschieden sich die LVB Mitte 2000 für eine Zusammenarbeit mit dem Berliner Anbieter StattAuto CarSharing AG, um laut LVB-Geschäftsführer Hanss „ganz groß einzusteigen und keine Experimente zu machen.“ Doch der erste Versuch misslang, da sich bald herausstellte, dass StattAuto in einer finanziellen Krise steckte und die LVB schon Ende 2000 einen neuen Kooperationspartner suchen mussten. Der war Anfang 2001 mit der Schweizer Firma Mobility – dem größten CarSharing- Anbieter Europas – gefunden. Unter dem Namen Edi C. boten die LVB, Mobility und die Deutsche Nahverkehrsgesellschaft ab April 2001 nun auch CarSharing in Leipzig an. Doch während sich teilAuto stetig steigender Nutzerzahlen erfreuen konnte, dümpelte Edi C. im September 2001 bei gerade einmal 22 Kunden herum. Bereits im November 2001 gaben die LVB das Ende ihrer CarSharing-Ambitionen bekannt. Als lokaler Partner von DB CarSharing übernahm teilAuto die Fahrzeuge und Kunden von Edi C.. TeilAuto war nun alleiniger Anbieter auf dem Leipziger Markt und konnte im Herbst 2001 den tausendsten Nutzer begrüßen. An zwölf Stationen im Stadtgebiet standen nun über 50 Fahrzeuge bereit.

2004 übernahm die Mobility Center GmbH den Geschäftsbetrieb und führte unter der Marke „teilAuto“ das Carsharing-Angebot weiter. 2011 wurde eine Kooperation mit dem Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) und der LVB eingegangen, welche den Umweltverbund stärken sollte und auf Vergünstigungen für gemeinsame Stammkunden zielte. Die Leipziger Stadtverwaltung initiierte im gleichen Jahr nun auch ein Pilotprojekt zur verwaltungsinternen CarSharing- Nutzung – nachdem sie sich über Jahre nur symbolisch zum Autoteilen bekannt hatte.

teilAuto – eine Erfolgsgeschichte

2013 kann teilAuto in seiner Gesamthistorie (als Verein und Unternehmen) trotz anfänglicher Skepsis auf eine 20jährige Geschichte zurückblicken und bietet nunmehr seit 13 Jahren CarSharing in Leipzig an. Das kann mit Recht als Erfolgsgeschichte betrachtet werden, vor allem wenn man sich die Zahlen ansieht: 6.000 Nutzer, 85 Stationen und 170 Fahrzeuge allein in Leipzig. Betrachtet man ganz Mitteldeutschland, wo teilAuto in 15 mittleren und größeren Städten operiert, wird es noch deutlicher: 15.000 Nutzer, 250 Stationen und 450 Fahrzeuge. Dem Ökolöwenprojekt gebührt ein wichtiger Anteil an diesem Erfolg, befindet teilAuto-Geschäftsführer Michael Creutzer, hat es doch den Nährboden für die Entwicklung in Leipzig gelegt und teilAuto anfänglich viel Zeit bei der Netzwerkarbeit gespart. Ein Selbstläufer war das Ganze jedoch nicht; die Erfolgsgeschichte wurde teils ohne die Unterstützung von Politik und Verwaltung und teils auch gegen Widerstände aus beiden geschrieben. Bis heute zieht sich eine fast schon schizophrene Diskrepanz beim Thema CarSharing durch die Verwaltung: Skepsis und Mutlosigkeit auf der einen Seite, Engagement und konstruktive Unterstützung auf der anderen.

Mit Blick auf die Stadt Karlsruhe (ca. 300.000 Einwohner) zeichnet Creutzer das CarSharing-Potential für die Zukunft vor: dort standen 2012 1,75 Fahrzeuge je 1.000 Einwohner zur Verfügung (Leipzig: 0,32/1.000 Einw.). Auf die Pleißestadt hochgerechnet wären das über 1.000 Fahrzeuge und es könnten ca. zehn Prozent der Einwohner (derzeit 542.000) teilnehmen – ein Einsparpotential von etwa 10.000 privaten PKW. Das ist vorerst noch eine Fantasie – wenn man sich aber anschaut, auf welchem Niveau CarSharing einmal gestartet ist, keine völlige Illusion. Vor allem fünf Dinge könnten bei der Verwirklichung dieser Fantasie helfen: Stellplätze, Stellplätze, Stellplätze, steigende Nutzerzahlen und der wirkliche Wille der Verwaltungen zur Verkehrswende, in größeren und kleineren Kommunen. Als Fazit zum jetzigen Zeitpunkt kann man über CarSharing in Leipzig und Mitteldeutschland festhalten: Angekommen, aber noch lange nicht am Ziel. Der Ökolöwe wird diesen Prozess auch in Zukunft wohlwollend begleiten!
 
Text: Florian Quitzsch, Löwenmaul Juni 2013

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