Wie insektenfreundlich sind Dein Garten und Balkon?
Wie insektenfreundlich sind Deine Balkon- und Gartenpflanzen?
Du möchtest, dass es auf Deinem Balkon oder in Deinem Garten summt und brummt? Viele beliebte Blühpflanzen sind für Insekten nutzlos. Erfahre, warum das so ist und mit welchen Pflanzen Du Wildbienen, Schmetterlingen und Co wirklich hilfst.
Sollen Balkon, Hinterhof oder Garten bepflanzt werden, führt der Weg häufig in den Baumarkt, ins Gartencenter oder in den Blumenladen um die Ecke. Dort locken üppige Blüten in allen Farben zum Kauf. Die hochgezüchtete, exotische Blütenpracht begeistert das menschliche Auge: Geranien, Petunien, Fuchsien, Hortensien. Was viele allerdings nicht wissen, diese Pflanzen sind für Schmetterlinge, Wildbienen und andere Insekten nutzlos.
Unsere Wildpflanzen und Wildtiere brauchen einander: Never change a winning team!
Von und an jeder heimischen Wildpflanzenart leben durchschnittlich zehn Tierarten. Viele Insekten ernähren sich vom Nektar und Pollen der Blüten. 75% der pflanzenfressenden Insekten sind zudem auf die Blätter, die Stängel oder andere Pflanzenteile als Futter angewiesen. Nicht zu vergessen: Einige Insektenarten verwenden das Blüten- und Blattmaterial als Baustoff für ihre Niststellen.
Bei aller menschlicher Freude an der Schönheit von Blüten wird oft vergessen, dass deren ursprüngliche Aufgabe in der Fortpflanzung der Pflanze liegt. Mehr als achtzig Prozent der europäischen Wildpflanzenarten sind für ihr Fortbestehen auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Um Wildbienen, Käfer oder Schmetterlinge anzulocken, haben sie Duft, Blütenfarbe und Blütenform über lange Zeiträume immer weiter an die Vorlieben ihrer bevorzugten tierischen Besucher angepasst.
Unter den Wildbienen, Käfern oder Schmetterlingen haben sich viele Arten auf eine oder wenige Wildpflanzenarten als Nahrungsgrundlage oder Lebensraum spezialisiert. Für lange Zeit waren solche auch Schlüssel-Schloss-Prinzip genannten Symbiosen zwischen Blühpflanzen und Insekten durchaus sinnvoll. Sie sicherten die gegenseitige Existenz. Spezialisierung bedeutet allerdings auch Abhängigkeit: Viele Spezialisten unter den Insekten gehören heute zu den besonders gefährdeten oder bereits ausgestorbenen Arten. Fehlt den Tieren „ihre“ Pflanzenart oder Pflanzenfamilie, fehlt ihnen die Lebensgrundlage und andersherum: Fehlt der Pflanze "ihr" Bestäuber, kann sie nicht länger existieren.
Exotische Pflanzen sind in Farbe, Form und chemischer Zusammensetzung wiederum auf die Bestäuber ihrer fernen Heimatregion abgestimmt. Unsere heimischen Insekten nehmen diese Pflanzen optisch und geruchlich nicht wahr oder kommen aufgrund der Blütenarchitektur nicht an Nektar und Pollen heran. Die Blätter vieler Exoten sind zu hart oder giftig, um als Nahrung für unsere heimischen Tiere in Frage zu kommen. Thuja (USA), Kirschlorbeer (Türkei), Geranie (Asien) sind für die hiesige Tierwelt daher nutzlos.
Unsere heimischen Wildpflanzen sind robust und wachsen aus jeder noch so kleinen Pflasterritze. Dennoch: Versiegelung, Herbizide, Überdüngung, Monokulturen, invasive Neophyten, die Klimakrise und die fehlende Wertschätzung gegenüber unseren heimischen Blühschönheiten bedrohen ihre Existenz. Laut der Roten Liste für Pflanzen, die vom Bundesamt für Naturschutz veröffentlicht wird, werden ein Drittel der rund 8.300 in Deutschland heimischen Wildpflanzen als gefährdet eingestuft. Die pflanzliche Artenvielfalt geht nicht nur in der freien Landschaft zurück. Auch im urbanen Raum wachsen immer weniger Wildpflanzen am Straßenrand, auf Brachen oder in öffentlichen Grünanlagen. In Gärten und auf Balkonen dominieren seit Jahrzehnten exotische Bepflanzungen mit Dahlie, Petunie und Geranie das Bild. Wenn Du die Artenvielfalt unterstützen möchtest, sollte Deine Wahl auf heimische Blühpflanzen und Gehölze fallen - gern ergänzt um ein paar Deiner exotischen Blüh-Favoriten.
Unsere Top Five der heimischen Wildpflanzen für Deinen Balkon oder Garten
Rundblättrige Glockenblume
(Campanula rotundifolia)
Die heimische mehrjährige Pflanze öffnet ihre blauen Blüten von Juni bis September. Sie mag sonnige oder halbschattige Standorte und braucht wenig Wasser.
An der Rundblättrigen Glockenblume sammeln 24 Wildbienenarten Pollen. Für 20 Schmetterlingsarten dient sie als Raupenfutterpflanze, darunter drei spezialisierte Arten. Zudem wird sie von drei Schwebfliegenarten besucht.
Gewöhnlicher Natternkopf
(Echium vulgare)
Von Juni bis August blüht der zweijährig wachsende Natternkopf an sonnigen Standorten in wunderschönen Rosa- und Blautönen.
Ganze 37 Wildbienenarten sammeln an dem Raublattgewächs Pollen. Die Glänzende Natternkopf-Mauerbiene ernährt sich ausschließlich vom Natternkopf. Neben der großen Zahl an Wildbienen nutzen den Natternkopf 42 Schmetterlingsarten als Nektar-Tankstelle. 12 Schmetterlingsraupen dient die Pflanze zudem als Raupenfutterpflanze. Auch von anderen Insekten, wie Schwebfliegen oder Käfern, wird der Natternkopf gern angeflogen.
Rainfarn
(Tanacetum vulgare)
Der Rainfarn ist eine heimische Staude, die es sonnig und humos mag und von Juli bis September leuchtend gelb blüht.
21 Wildbienenarten sammeln am Rainfarn Pollen. Für 11 Schmetterlingsarten dient er als Raupenfutterpflanze. 25 Schwebfliegenarten und 4 Käferarten besuchen den Rainfarn.
Wiesen-Schafgarbe
(Achillea millefolium subsp. millefolium)
Die Wiesen-Schafgarbe blüht an sonnigen Standorten von Juni bis August.
82 Wildbienenarten sammeln an ihr Nektar. Für 28 Wildbienenarten ist sie auch Pollenquelle. 12 Schmetterlingsarten trinken den Nektar der Wiesen-Schafgarbe. Die Raupen von 39 Falterarten nutzen sie als Futterpflanze. Drei Käfer- und 16 Schwebfliegenarten finden an der Wiesen-Schafgarbe Nahrung.
Wiesen-Flockenblume
(Centaurea jacea subsp. jacea)
Die Wiesen-Flockenblume fühlt sich an sonnigen Standorten wohl und blüht von Juni bis September.
85 Wildbienenarten besuchen die filigrane Blühschönheit. 40 Wildbienenarten sammeln an ihr Pollen. 31 Schmetterlingsarten nutzen die Wiesen-Flockenblume als Nektarquelle. Die Raupen von 15 Falterarten finden hier Futter. 17 Schwebfliegen- und 5 Käferarten besuchen die Wiesen-Flockenblume.
Gefüllte Blüten sind wertlos für Wildbiene, Schmetterling und Co.
Gefüllte Blüten, häufig zu sehen bei Dahlien, Geranien, Pfingstrosen, Zinnien oder Rosen, lenken mit ihrer Üppigkeit alle Blicke auf sich und werden deshalb gern gepflanzt. Die Blütenfülle entsteht anfangs durch spontane Mutation. Statt Staubgefäße zu entwickeln, entstehen weitere Blütenblätter. In der Natur würden solche Pflanzen nicht überleben, da sie steril sind. Die Weitervermehrung durch Insekten-Bestäubung wird durch die veränderte Blütenanatomie verhindert. In Zucht-Gärtnereien hingegen werden die Üppig-Blüher durch Stecklinge, Ableger, Teilung oder Veredelung vermehrt. So hübsch die gefüllten Blüten vielleicht scheinen, so wertlos sind sie für Wildbienen, Schmetterlinge und andere Insekten. Es fehlt der Pollen, der ein wichtiger Nahrungsbestandteil vieler Insekten ist. Auch Nektar, ebenfalls unverzichtbar auf der Sechsbeiner-Speisekarte, ist in gefüllten Blüten entweder nicht vorhanden oder nicht erreichbar.
Augen auf beim Pflanzen- und Saatgutkauf
- Im Baumarkt oder Gartencenter sind viele Blühpflanzen und Gehölze als insektenfreundlich deklariert. Tatsächlich findet man dort nur vereinzelt heimische Wildpflanzen. Lass Dich von den vielversprechenden Schildern nicht täuschen! Du kannst den botanischen Pflanzennamen, der neben dem deutschen Namen auf jedem Topf oder Schild zu finden ist, im Internet eingeben und prüfen, ob es sich um eine heimische und damit insektenfreundliche Pflanzenart handelt. Zuverlässig Auskunft gibt zum Beispiel die Seite floraweb.de, die vom Bundesamt für Naturschutz bereitgestellt wird.
- Pflanzen, die nicht aus zertifizierter Bio-Produktion stammen, sind in der Regel massiv mit Pestiziden belastet. Der Pflanzenbesuch ist für Insekten mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Daher solltest Du immer zu ungespritzten Pflanzen greifen.
- Vorsicht ist bei den im konventionellen Handel erhältlichen "insektenfreundlichen Blühmischungen" geboten: Es handelt sich in den meisten Fällen um Hybridmischungen, die neben wenigen heimischen Pflanzenarten überwiegend Saaten von Exoten enthalten.
- Wähle bevorzugt die Wildform heimischer Blühpflanzen und Gehölze. Hängt am botanischen Namen ein durch Anführungsstriche gekennzeichneter großgeschriebener Zusatz, handelt es sich um eine züchterisch veränderte Sorte, zum Beispiel: Campanula persicifolia 'Alba'. Der Zusatz 'Alba' zeigt hier, dass es sich um eine weiß blühende Sorte handelt (albus heißt im Lateinischen weiß). Die Wildform der Campanula persicifolia, der Pfirsichblättrigen Glockenblume, blüht blau-lila.
- Taucht neben dem botanischen Namen einer Pflanze der Zusatz fl. pl. (lateinisch: flore pleno = „mit voller Blüte") auf, handelt es sich um eine gefüllte Sorte. Wirf beim Saatgut- und Pflanzenkauf einen genauen Blick aufs Etikett und wähle lieber ungefüllte Sorten oder noch besser Wildformen der Blühpflanzen.
Leider sind heimische Pflanzen und Saaten in Bio-Qualität noch immer schwer im Handel zu finden. Wenn Du eine Übersicht empfehlenswerter Bezugsquellen wünscht, melde Dich unter gruenestadt@oekoloewe.de.
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- Kennst Du unseren Stadtgarten Connewitz? Das ist der 4.300 Quadratmeter große Mit- und Nachmachgarten des Ökolöwen. In der urbanen Naturgartenoase zeigen heimische Wildpflanzen ihre bezaubernde Blütenvielfalt. Ein Besuch lohnt sich immer!
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