Leipzig braucht mehr grüne Dächer
Leipzig braucht mehr grüne Dächer
Dachflächen gibt es reichlich in der Stadt. Doch sind sie zumeist versiegelte Flächen – und dass, obwohl viele Dächer unserer Stadt das Potential hätten, wertvolle lebendige Grünflächen zu sein, die wir in Zeiten von Klimakrise und Artensterben dringend brauchen. Sie könnten Wasser speichern, zur Biodiversität beitragen und sich sogar mit Photovoltaik kombinieren lassen. Warum sind Leipzigs Dächer stattdessen trostlos und grau?
Viele Dachflächen Leipzigs sind, ebenso wie geteerte Straßen und betonierte Plätze, versiegelte Flächen – nur auf einer höheren Ebene. Das bedeutet: Sie sind so überbaut, dass sie kein Wasser durchlassen, kein grünes Hälmchen seinen Weg durch die fest verschlossenen Schichten findet. Sie sind, anders als offene Böden, wasserundurchlässig. Das ist ein Problem.
1. Problem: Das Regenwasser
Wenn es regnet, wird das Regenwasser von den Dachflächen direkt und ohne zeitliche Verzögerung über Regenrinnen und Fallrohre in die städtische Kanalisation geleitet. Je größer das Dach, desto größer die Wassermenge. Das hat gleich mehrere Nachteile: 1) Es wird die Chance vertan, die wertvollen Wasserressourcen sinnvoll zu nutzen. In dem Moment, wo sie in der Kanalisation verschwinden, entziehen sie sich dem natürlichen Kreislauf. 2) Die Kanalisation wird überlastet. Im Falle von Starkregenereignissen kommt es dann sogar zu Überschwemmungen. Besonders tragisch daran: In den langen Trockenperioden fehlt uns dieses Wasser!
2. Problem: Die Hitze
Ein weiteres Problem hängt mit der Temperaturentwicklung im Zuge der Klimakrise zusammen. Auch in Leipzig wird es immer heißer. Dachziegel, Dachpappe (Bitumen) sowie Kiesdächer speichern die Tageshitze und lassen die Wärme deutlich schneller ins Gebäudeinnere vordringen. So werden Hitzeeffekte weiter verstärkt und die wohltuende Abkühlung rückt an heißen Sommertagen in weite Ferne.
3. Problem: Das Artensterben
Die Entwicklung ist eindeutig: Es verschwinden deutlich mehr Grünflächen und offene Böden als neue hinzukommen. Die zugebaute, versiegelte Stadt nimmt unseren Vögeln und Insekten sowohl Lebensräume als auch Nahrungsquellen. Diese verhängnisvolle Entwicklung ist eine zentrale Ursache für den Rückgang der Artenvielfalt. Selbst bei Vogelarten, die wir (noch) häufig sehen, wie den Sperling, schrumpfen die Populationen. Den Tieren fehlen in einer Stadt wie Leipzig Rückzugsorte, Ausweichmöglichkeiten, Schlafplätze und Futter. Auf Kiesdächern lässt sich kein Nest bauen oder ein sicherer Schlafplatz finden. Vergeblich suchen tierische Stadtbewohner dort Regenwürmer, Blüten oder Beeren, um ihren Hunger zu stillen. Nicht zu vergessen: Auch Wildpflanzen fehlt ungestörter Lebensraum.
Mehr Grün auf die Dächer!
Wir Ökolöwen wollen mehr Gründächer in Leipzig, denn jeder Quadratmeter zählt! Dafür gibt zwei es Wege: Zum einen müssen Gründächer bei Neubauten bereits eingeplant werden und zum anderen sollten bereits bestehende Dächer (und damit der deutlich größere Anteil) entsprechend umgebaut werden. Beides kann die Stadt Leipzig mit gezielten Maßnahmen unterstützen:
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Kein Neubau ohne Gründach! Wir fordern eine Gründachpflicht in Kombination mit Photovoltaik, die konsequent über Bebauungspläne und eine Grünsatzung umgesetzt wird.
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Mehr Anreize bei der städtischen Gründachförderung! Seit 2020 können Leipziger:innen unter bestimmten Voraussetzungen finanzielle Unterstützung für die Anlage eines Gründachs erhalten. Das ist sehr gut! Allerdings ist die Höhe der Förderung abhängig vom Standort im Stadtgebiet. Die aktuelle Förderrichtlinie der Stadt Leipzig setzt auf eine Staffelung auf Grundlage des städtischen Hitzeplans – so kommen viele Gebiete nur auf eine Förderquote von 10 bzw. 25 Prozent. Das ist aus finanzieller Sicht nicht attraktiv. Zumal diese Regelung Gründach-Interessenten nicht sofort ersichtlich macht, in welchem Fördergebiet ihr Haus liegt und welche Förderhöhe für sie in Frage kommen würde. Das verhindert die Schaffung von wertvollen Versickerungsflächen und biodiversitätsfördernden Flächen, die wir im gesamten Stadtgebiet dringend brauchen. Wir fordern daher eine einheitliche Förderquote von 50 Prozent im gesamten Stadtgebiet. Diese Regelung setzt eindeutige Förderanreize und verdeutlicht auf einen Blick den erwartbaren monetären Benefit. Das Geld ist in der Stadtkasse verfügbar: Eine aktuelle Anfrage der grünen Ratsfraktion hat ergeben, dass jährlich lediglich ein Fünftel des zur Förderung zur Verfügung gestellten Budgets wirklich von den Leipziger:innen abgerufen wird.
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Eine konsequente Umwandlung von Bestandsdächern auf kommunalen Gebäuden – vor allem auf Einrichtungen, in denen vulnerable Gruppen verkehren (Pflegeheime, Schulen, Kitas, Krankenhäuser).
Jetzt Appell unterschreiben!
Du unterstützt unsere Forderungen für mehr grüne Dächer in Leipzig? Mit unserem Appell "Mehr Grün für Leipzig" fordern wir Ökolöwen den Leipziger Stadtrat und die Stadtverwaltung auf, Leipzigs Grün auszubauen.
Viele gute Gründe für grüne Dächer
Die hohe Dichte an versiegelten Flächen in der Stadt hat zwei maßgebliche Effekte: Zum einen spüren wir die Folgen des Klimawandels in Städten wie Leipzig noch deutlicher, zum anderen treiben wir das Artensterben damit weiter voran. Grüne Dächer sind ein Teil der Lösung: Sie sind Regenwasserspeicher, ökologischer Sonnenschirm und ein wichtiger Beitrag für mehr Biodiversität!
Wohin mit dem Regen? Das Gründach als Regenwasserspeicher
Während herkömmliche Dächer das Regenwasser zu 100 Prozent und sofort zurück in die Kanalisation schicken, sind grüne Dächer dazu in der Lage, Regenwasser wie ein Schwamm aufzunehmen. Die Menge ist abhängig vom Aufbau des Gründaches – konkret von der Drainageschicht und der Höhe der Substratschicht. Das Substrat ist das Material, in dem die Pflanzen wachsen. In der Regel besteht es nicht allein aus herkömmlicher Erde, sondern aus einer speziellen organischen und mineralischen Materialmischung: Muttererde mit Lava, Bims, Blähton oder Blähschiefer. Das sind Materialien, die besonders dafür geeignet sind, Wasser aus Niederschlägen zu speichern und gleichzeitig Pflanzen bei der gedeihlichen Entwicklung zu unterstützen. Selbst sehr niedrig aufgebaute Gründächer mit einer Substrathöhe von nur sechs Zentimetern, sogenannte extensiv begrünte Dächer, können bereits 40 Prozent des Jahresniederschlags, der an dieser Stelle fällt, auffangen! Diese 40 Prozent gelangen somit nicht oder nur sehr verzögert in die Kanalisation.
Außerdem wird dieses Wasser sukzessive über die Pflanzen und das Substrat verdunstet. Bei diesem Vorgang wird die nähere Umgebungsluft gekühlt und das Mikroklima positiv beeinflusst. Bei einem Gründach mit einer Substrathöhe von zwölf Zentimetern beträgt die Kapazität des Regenwasserrückhalts bereits 50 bis 70 Prozent. Bei sogenannten intensiven Dachbegrünungen ab 40 Zentimeter Aufbauhöhe sind es sogar bis zu 90 Prozent. Niederschlagsmengen, die die Wasseraufnahmekapazitäten eines begrünten Dachs übersteigen, fließen mit einer gewissen Zeitverzögerung in die Kanalisation zurück. Schon damit wird in Spitzenzeiten von heftigen Regenereignissen eine Entlastung erreicht.
Einen besonders effektiven Regenwasserspeicher bieten sogenannte Retentionsgründächer. Diese Gründächer haben einen speziellen Unterbau, der es ermöglicht, deutlich größere Niederschlagsmengen zu sammeln. Das überschüssige Wasser kann dann sukzessive verdunsten und damit zur Kühlung beitragen, es kann als Grundlage zur Bewässerung anderer Grünstrukturen dienen oder dem Grundwasser zugeführt werden. Das alles sind Lösungen, die das wertvolle Wasser auf sinnvolle Weise nutzen, weil sie es dem natürlichen Kreislauf zuführen und gleichzeitig das Regenwassermanagement der Stadt unterstützen. Mit ihren Kapazitäten, Niederschläge aufzunehmen, sind begrünte Dächer elementarer Bestandteil der Schwammstadt.
Wohin mit der Hitze? Das Gründach als ökologischer Sonnenschirm
Wer im Dachgeschoss wohnt, kennt diesen Effekt: Unter dem Dach wird es schnell heiß. Das liegt daran, dass das Dach der Sonne in besonderer Weise ausgesetzt ist und sich dadurch entsprechend aufheizt. Grüne Dächer hingegen sind Schattenspender: Sie verhindern ein Aufheizen der Dachhaut, weil sie im Vergleich zu Kies-, Bitumen-, und Blechdächern deutlich weniger Wärme durchlassen. In Zahlen ausgedrückt: Der Wärmeeintrag eines extensiv begrünten Daches ist an Sonnentagen zwischen 30 und 60 Prozent geringer als bei Kiesdächer (Quelle dazu und zu weiteren spannenden Fakten). Davon profitieren die darunterliegenden Innenräume. In Versuchen haben Wissenschaftler:innen Temperaturunterschiede zwischen drei bis vier Grad gemessen. Das kann in Hitzeperioden einen großen Unterschied machen: Die natürliche Kühlung spart Kosten und Energie für technische Lösungen wie Klimaanlagen.
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Wo gibt es ein ruhiges Plätzchen und Nahrung für Hummel, Amsel & Co.? Das Gründach für mehr Biodiversität
Wenn aus kahlen Dächern grüne Oasen werden, entstehen Lebensräume und Nahrungsangebote für die heimische Fauna – besonders auf dem Dach, denn hier können die tierischen Gäste, ungestört vom Stadtgeschehen, verweilen.
Mit der richtigen Pflanzenwahl bieten blütenreiche Sedumarten (Pflanzen, die mit besonders dicken Blättern viel Wasser speichern können und die häufig in einem Steingarten zu finden sind), Kräuter und Wildstauden ein nahrhaftes Pollen- und Nektarangebot für Wildbienen, Käfer und andere bestäubende Insekten. Die Stadt Leipzig stellt zwei, speziell für den Standort Leipzig entwickelte, Gründach-Saatgutmischungen zur Steigerung der Biodiversität kostenlos zur Verfügung (für 8 cm und ab 12 cm Substrat). Die Gründachflächen können zudem mit Kleinstrukturen wie Totholz, Wasserstellen, Steinhaufen aufgewertet werden. Das gilt auch für begrünte Dächer mit niedrigen Aufbauhöhen – vorausgesetzt, die Dachstatik steht dem nicht entgegen. So entstehen weitere Unterschlupf- und Nistmöglichkeiten.
Eine besonders förderliche Gründachvariante ist das Biodiversitätsdach. Diese Variante zeichnet sich durch eine sehr dicke Substratschicht, in der Pflanzen wurzeln können, aus. Eine dicke Substratschicht steigert den ökologischen Wert eines Gründaches, weil sie eine deutlich größere Variantenvielfalt an Pflanzenstrukturen, bis hin zu Sträuchern, ermöglicht. Ab einer mindestens 20 Zentimeter dicken Substratschicht können sogar Bodentiere (Regenwürmer, Asseln, Käfer) überwintern (Quelle: Bundesamt für Naturschutz). Diese stehen am Anfang der Nahrungskette vieler Vögel. Damit wird der ökologische Wert der Fläche um ein Vielfaches gesteigert. Ergänzt um wertvolle Kleinstrukturen wie Anhügelungen, Wasserstellen etc. entstehen auf diese Weise strukturreiche Lebenswelten.
Der Bundesverband GebäudeGrün hat für Biodiversitätsgründächer eine eigene Fachinformation erstellt. Dort ist auch eine Pflanzenliste mit insektenfreundlichen Pflanzen für Gründächer zu finden.
Exkurs: Photovoltaik und Gründach? Passt!
Ein Solar-Gründach vereint die Ziele des Klimaschutzes und der Klimaanpassung, denn es kann beides: 1) ökologisch Strom erzeugen und 2) Wasser zurückhalten sowie das Gebäude natürlich kühlen. PV-Anlagen und Gründach stehen nicht in Konkurrenz zueinander. Im Gegenteil: Der Kühleffekt, der von begrünten Dächern ausgeht, steigert die Leistungsfähigkeit der Photovoltaikmodule um bis zu fünf Prozent im Vergleich zum Bitumendach – also eine Win-Win-Situation.
Auch für diesen besonderen Gründachtypus hat der Bundesverband GebäudeGrün eine Broschüre erstellt. Die ausführliche Abhandlung zum Solar-Gründach kann in unserer Umweltbibliothek kostenfrei ausgeliehen werden. Übrigens: Die Stadt Leipzig fördert mit ihrer Gründachförderrichtlinie Solar-Gründächer sehr großzügig.
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