Stadt baut riesiges Autokreuz auf Georg-Schwarz-Straße

Stadt Leipzig baut riesiges Autokreuz auf die Georg-Schwarz-Straße

Die Georg-Schwarz-Brücken im Leipziger Westen über die Bahnanlagen zwischen Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg werden durch einen Neubau ersetzt. Die Baupläne sind haarsträubend. Ein Stadtrats-Antrag, der die autofixierten Pläne grundlegend korrigieren wollte, ist nun gescheitert.

Wenn Du im Leipziger Westen die Georg-Schwarz-Straße immer weiter stadtauswärts läufst oder fährst, kommst du nach einiger Zeit bei den Georg-Schwarz-Brücken an. Die Georg-Schwarz-Brücken überspannen die Bahnanlagen zwischen Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg. Sie sind ein wichtiger Knotenpunkt für alle Verkehrsteilnehmer:innen - für Fahrgäste von Bus, Straßenbahn sowie S-Bahn, für Autofahrer:innen und Radfahrer:innen. Auch für Fußgänger:innen ist die Brücke sehr wichtig. Die Brücken sind sehr marode und werden jetzt neu gebaut. Das Verkehrsamt überlegt schon sehr lange, wie die Brücken aussehen sollen und welche Belange besonders berücksichtigt werden müssen.

Autofixierte Planungsvariante aus den 1990er Jahren

Im Jahr 2018 hat das Verkehrsamt seine favorisierte Variante der Brücken-Neubauten in den Stadtrat zur Abstimmung gebracht, ohne vorher Verbände und Bürger:innen vernünftig zu beteiligen. Wer nun glaubt, die Stadt würde ja nur einfach die alten Brücken so wie sie sind erneuern, hat sich getäuscht. Das Verkehrsamt hatte eine alte, autofixierte Planungsvariante aus den 1990er Jahren hervorgegraben und wird diese nun bis 2030 bauen. Kostenpunkt laut Verkehrsamt 50 Millionen Euro. Wie bei solchen Projekten üblich, muss man wohl eher von mindestens 60 bis 70 Millionen Euro ausgehen.

300 Bäume werden gefällt

Visualisierung Georg-Schwarz-Brücken in Leipzig zwischen Leutzsch und Böhlitz-Ehrenberg
Viel Beton für den Autoverkehr - 3D-Ansicht der Umbaupläne für die Georg-Schwarz-Brücken. Visu: Stadt Leipzig / StadtLabor
Das monströse und überteuerte Kreuzungsbauwerk hat mit seinen unzähligen Kfz-Spuren und separierten Auffahrten eher die Anmutung eines Autobahnkreuzes mitten in der Stadt. Die Breite der bisherigen Brücken soll nahezu verdoppelt werden. Im Umfeld der Baumaßnahme wird die Stadtverwaltung über 300 Bäume fällen. Mehrere leer stehende Wohngebäude werden abgerissen, um für die überbreite Brücke Platz zu schaffen. Es wird zudem direkt in das FFH-Gebiet im Leipziger Auwald eingegriffen. Gleiches gilt für Grundstücke an der Villa Hasenholz.
 
Wir Ökolöwen hatten in einer Stellungnahme bereits im Jahr 2014 darauf hingewiesen, dass sich die Stadtverwaltung sehenden Auges in Konflikt mit dem Bundesnaturschutzgesetz begibt. Leider hält die Verwaltung dennoch an der Planvariante aus den 1990er Jahren fest.

Das Verkehrsamt bereitet die Auwald-Autobahn vor

Begründet wird der Ausbau mit überzogenen Verkehrsprognosezahlen. Die städtischen Planer gehen davon aus, dass sie auf Höhe des Auensees eine neue Autoschneise durch den Leipziger Auwald schlagen werden. Diese soll weiterführend mitten durch das Wohngebiet an der Georg-Schumann-Straße verlaufen, wo dann Hauseigentümer enteignet werden müssen. Das Projekt nennt sich „Mittlerer Ring Nordwest“. Dieser Ausbau mitten durch das FFH-Gebiet wird nach Ansicht der Verkehrsplaner der Stadt, so viel neuen Autoverkehr anziehen, dass die monströse Straßenkreuzung auf den Georg-Schwarz-Brücken notwendig wird.

Wir Ökolöwen kämpfen seit über 30 Jahren gegen die Auwald-Autobahn durch Leipzigs grüne Lungen. Wir konnten erreichen, dass viele Abschnitte bereits endgültig beerdigt sind. Hilf uns mit Deiner regelmäßigen Förderspende, diesen Kampf erfolgreich bis zum Ende zu bestreiten. Sei dabei!

Überzogene Prognosezahlen sollen Legitimation schaffen

So schafft sich das Verkehrsamt mit dem Straßenausbau selbst den zusätzlichen Verkehr, den sein Prognosemodell vorher errechnet hat - eine selbsterfüllende Prophezeiung. Am Ritterschlößchen sind heute ca. 15.200 Kfz/24h im Verlauf dieser Trasse vorhanden, für 2025 prognostiziert das Verkehrsamt die Belastung auf ca. 16.400 Kfz pro Tag, wenn man auf den Bau des Mittleren Rings durch den Auwald verzichtet. Wenn die Verwaltung jedoch ihr Vorhaben verwirklicht und eine neue Autoschneise durch den Auwald schlägt, werden es laut der Ratsvorlage 22.900 Kfz/24h sein. Doch selbst diese Prognosezahl rechtfertigt den übertriebenen, autofixierten Kreuzungsausbau nicht. Um die 23.000 Kfz am Tag werden bereits heute an vielen normal dimensionierten Straßenkreuzungen in Leipzig tagtäglich abgewickelt, die eigentlich angezeigten 16.400 Autos sowieso.

Der Oberbürgermeister hat den Slogan „Leipzig wächst nachhaltig“ geprägt. An diesen Straßenbauplänen auf der Georg-Schwarz-Straße ist nichts nachhaltig. Die Pläne müssen vom Stadtrat gestoppt und auf ein vernünftiges und machbares Maß angepasst werden, forderten wir Ökolöwen vor dem Ratsbeschluss 2018.

Stadtbezirksbeirat Alt-West versuchte echte Bürgerbeteiligung möglich zu machen

Die Georg-Schwarz-Brücken heute und wie sie das Verkehrsamt umbauen will
Die Georg-Schwarz-Brücken heute und wie sie das Verkehrsamt umbauen will Grafik: Stadt Leipzig / StadtLabor

Der Stadtbezirksbeirat Alt-West hatte nach dem Ökolöwen-Protest einstimmig eine "wichtige Angelegenheit" beschlossen, mit dem Ziel eine echte Bürgerbeteiligung mit Variantendiskussion, zu erreichen. Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen hatte daraufhin in der entscheidenden Stadtratssitzung einen Absetzungsantrag gestellt, damit das Anliegen des Stadtbezirksbeirats noch umgesetzt werden kann. Doch der Stadtrat hatte mehrheitlich gegen den Absetzungsantrag votiert und stattdessen die Vorlage mit der überdimensionierten Verwaltungs-Variante der Georg-Schwarz-Brücken, gegen die Stimmen von Bündnis90/Die Grünen, beschlossen. Auch ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE für bessere Bürgereinbindung im weiteren Verfahren wurde abgelehnt. Das bedeutet, dass seitdem nur noch kleinere Änderungen im Rahmen der beschlossenen Vorzugsvariante möglich waren.

Mobilitätsstrategie 2030 – Wir fordern die autogerechten Pläne zu stoppen

Ende September 2018 hatte Leipzigs Stadtrat einstimmig für eine neue Mobilitätsstrategie mit dem Nachhaltigkeitsszenario gestimmt. Damit soll die Verkehrswende in Leipzig auf die Straße gebracht werden. Das Problem: Der überdimensionierte Ausbau der Georg-Schwarz-Brücken war zu dem Zeitpunkt schon beschlossen. Die Variante der autogerechten Brücken würde mit den immensen Baukosten einen Großteil des Budgets aus der Mobilitätsstrategie 2030 auffressen. Die Stadt hat dann deutlich weniger Möglichkeiten, den notwendigen Eigenanteil für wichtige Rad-, Fuß, oder ÖPNV-Projekte abzubilden.

Wir Ökolöwen nahmen die neue Mobilitätsstrategie zum Anlass und fordern den neuen Baubürgermeister Dienberg sowie den Stadtrat auf, das Projekt anzupassen und den autogerechten Ausbau der Brücken zu stoppen.

Grüne-Fraktion beantragt Vorplanung der Georg-Schwarz-Brücken an Notwendigkeiten der Verkehrswende anzupassen

Die Fraktion von B90 / Die Grünen stellten daraufhin Ende 2020 einen entsprechenden Antrag, die Vorplanung neu aufzurollen, einen neuen Pfad einzuschlagen und die autogerechten Pläne anzupassen. Dieser Antrag kam nun nach 16! Monaten im März 2022 auf die Tagesordnung des Stadtrats.

Im Vorfeld war absehbar, dass der Antrag keine Mehrheit finden wird. Die Fraktionen von CDU, FDP und AFD befürworten den überdimensionierten Ausbau zu einem großen Autokreuz. SPD und Die Linke schreckten vor einem Zeitverzug und höheren Planungskosten von ca. 1.8 Mio. Euro zurück. Am Ende der Debatte zog die Grüne-Fraktion ihren Antrag zurück und stimmte mit für den Verwaltungsstandpunkt, der besagt, dass so weitergeplant wird wie gehabt.

Herber Rückschlag für die Verkehrswende in Leipzig - Der Kampf um die Georg-Schwarz-Brücken ist verloren

Nun wird es also so kommen. Bis 2030 werden die Georg-Schwarz-Brücken zu einem riesigen Autodrehkreuz ausgebaut - mitten im Klimanotstand. 2030 ist das Jahr, in dem wir in Leipzig den größten Teil der Verkehrswende geschafft haben müssen, um das 1,5 Grad Ziel zu halten.

Die Mobilitätsstrategie 2030 der Stadt Leipzig ist nun kaum mehr als eine wortreiche Hülse. Die Baukosten von weit mehr als 50 Millionen Euro werden in den nächsten Jahren immense Auswirkungen auf den Investitionshaushalt der Stadt haben und alle echten Verkehrswende-Projekte aus der Mobilitätsstrategie 2030 vor finanzielle Probleme stellen.

Die lange Vorgeschichte der Georg-Schwarz-Brücken, die schon in den frühen 90er Jahren begonnen hat, zeigt die unglaublich starke Abhängigkeit von verheerenden, klima- und umweltfeindlichen Entscheidungen, die weit zurück in der Vergangenheit der autogerechten Stadt- und Verkehrsplanung liegen. In den Sozialwissenschaften wird das als "Pfadabhängigkeit" bezeichnet. Die Autolobby hat in ihrer Blütezeit dicke Pflöcke eingeschlagen und damit den Preis für das notwendige Umsteuern in eine klimagerechte Zukunft weit nach oben getrieben. Nach dieser Ratsversammlung im März 2022 ist der Preis erneut gestiegen.

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