Auf dem Weg zu einem günstigen Jahresticket für alle Leipziger:innen hat der Stadtrat hat eine erste Entscheidung getroffen. Wie es jetzt weitergehen muss, erläutert unser verkehrspolitischer Sprecher Tino Supplies:

In seiner April-Sitzung hat der Stadtrat beschlossen, das 365-Euro-Jahresticket für die ersten Nutzergruppen einzuführen. Den Anfang machen rund 70.000 Menschen, die einen Leipzig-Pass beantragen können. Das sind rund 11 Prozent aller Leipziger:innen. Der Stadtrat hat sich damit für den denkbar kleinsten ersten Einführungsschritt entschieden. Denn der Stadtrat hätte die Einführung des 365 für alle besiegeln können. Du bist enttäuscht? Wir auch.

Wir Ökolöwen bleiben dabei: Leipzig braucht das 365-Euro-Jahresticket für ALLE. Das 365-Euro-Ticket ist ein Ticket gegen zwei Krisen. Es ist die Chance, die LVB mit Schwung aus der Corona-Krise zu führen und gleichzeitig ein unverzichtbarer Baustein im Kampf gegen die Klimakrise. Das darf auch etwas kosten. Die vermeidbare Klimakatastrophe wäre garantiert teurer.

Doch der Reihe nach. Wir Ökolöwen setzen uns seit 2014 für das 365-Euro-Jahresticket für ALLE ein. Das bleibt auch so. Über 25.000 Menschen haben bisher den Ökolöwen-Appell unterschrieben. Mit dem Ökolöwen-Appell konnten wir bereits erreichen, dass der Oberbürgermeister das Ticket zur Chefsache erklärt hat, dass die Anstrengungen für den Angebotsausbau intensiviert wurden, dass weitere Preissteigerungen im Leipziger Nahverkehr von der Stadtgesellschaft nicht mehr akzeptiert werden und dass der Automatismus der Preissteigerungen auch politisch keine Mehrheit mehr hat. 

Dann kam Corona. Die Fraktionen von Die Linke und SPD hatten dennoch Ende 2020 beantragt: “Das 365-Euro-Jahresticket soll zunächst stufenweise für ausgewählte Gruppen ab dem 01.08.2021 eingeführt werden.” Mit der Gruppe der Leipzig-Pass Inhaber:innen soll begonnen werden. Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen hatten nach Beratungen mit uns Ökolöwen einen Änderungsantrag mit folgendem Beschlusssatz als Ergänzung zum Antrag von SPD und Die Linke eingebracht: “Parallel zur stufenweisen Einführung des 365 Euro-Ticket für alle sind die Voraussetzungen für eine Verlagerung des Modal Split vom MIV zugunsten des ÖPNV zu schaffen.”  

Mit dem Beschluss dieser Anträge, wäre der Auftrag zur stufenweisen Einführung des 365-Euro-Jahrestickets für ALLE besiegelt gewesen. Die Fraktion Freibeuter hatte zusätzlich beantragt, dass zumindest noch Rentner:innen das 365-Euro-Jahresticket bekommen, die ihren PKW abgeben. 

Doch es kam anders. SPD und Die Linke hatten vor der Ratsversammlung den Verwaltungsstandpunkt übernommen. Die Grünen hatten ihren Antrag zurückgezogen. Damit waren die oben genannten Beschlusstexte weg.  

So stand nur noch der Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung. Mit den Stimmen von SPD, Die Linke, B90/Die Grünen und Freibeuter wurde beschlossen: “Es wird zur Kenntnis genommen, dass die Leipzig-Pass-MobilCard bei Zustimmung in den Gremien des MDV und der Genehmigung beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr, ab dem 01.08.2021 auf 365 €/Jahr abgesenkt wird.” Das ist die Fahrpreisanpassung, die die LVB bereits verkündet hat.  

Hinzu kommt ein vager Ausblick auf eine mögliche zweite Stufe: “Ein 365-Euro-Jahresticket soll unter den Voraussetzungen eines erfolgreichen Förderantrages beim Modellprojekt zur Stärkung des ÖPNV, der Zustimmung in den Gremien des MDV und der Genehmigung beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr, für ausgewählte Gruppen ab dem 01.01.2022 eingeführt werden: a) als @27-Ticket für Fahrgäste bis 27 Jahre b) als Partner-Ticket für Haushalte, die bereits über 2 ÖPNV-Abos verfügen.” Wir zählen in dem Satz drei “Wenns” und nur zwei weitere kleine Gruppen, die das 365-Euro-Ticket bekommen könnten.  

Das ist kein klares Votum für eine stufenweise Einführung des 365-Euro-Tickets für ALLE. Wir können verstehen, wenn Du davon enttäuscht bist. Wir sind es auch. Aber lass uns gemeinsam das Positive sehen. Die progressiven Verkehrspolitiker:innen im Stadtrat haben das rausgeholt, was zum jetzigen Zeitpunkt während Corona möglich war. Es gibt leider auch viele Politiker:innen, die das Ticket mit allen Mitteln verhindern wollen. Dennoch ist der erste Schritt nun gemacht, auch wenn es der denkbar Kleinste ist. Das Ticket kommt - wenn auch erstmal nur für 11 Prozent der Leipziger:innen.  

Der Oberbürgermeister hat in der Ratsversammlung sein zentrales Wahlversprechen erneuert und wortwörtlich gesagt: “Ziel bleibt das 365-Euro-Ticket für alle, wie auch immer wir das hinkriegen.” Sehr geehrter Herr Jung, Sie haben uns Ökolöwen dabei an Ihrer Seite. Leipzig schafft das.  

Der Nürnberger Stadtrat hat bereits Nägel mit Köpfen gemacht und beschlossen:  

• Ab 01.01.2021 wird für Inhaberinnen und Inhaber des „Nürnberg-Pass“ ein Monatsticket ohne Ausschlusszeit für 15 Euro / Monat in der Tarifstufe A angeboten. 
• Es wird spätestens zum 01.01.2023 ein 365,- Euro- Jahresticket im Stadtgebiet Nürnberg eingeführt. 
• Der Bund und der Freistaat Bayern werden aufgefordert, sich an der Finanzierung angemessen zu beteiligen. 

Das ist mal Klartext. Leipzig ist vorerst noch nicht so weit. Wir Ökolöwen werden das ändern - mit Deiner Unterstützung. 

Apropos Finanzierung. Wusstest Du, dass die Bundesregierung und der Freistaat gerade mit rund 20 Millionen Euro pro Jahr, die Corona bedingten Einnahmeverluste der LVB kompensieren?  Wir sehen keinen Grund, warum sie das angesichts des Klimanotstands nicht auch weiterhin tun sollten! Das Geld für die Kompletteinführung des 365-Euro-Jahrestickets ist da, nur der Wille fehlt bei einigen wichtigen Entscheidungsträgern – noch.  

Bald wird das schon anders aussehen. Der oder die neue Bundesverkehrsminister:in wird neue Akzente bei der Mittelvergabe setzen. Darauf muss sich die LVB, muss sich der Stadtrat mit einem klaren Einführungsbeschluss und einem Stufenplan für das 365-Euro-Jahresticket für ALLE vorbereiten.  

Wir Ökolöwen kämpfen weiter für das 365-Euro-Jahresticket für ALLE und wir werden erfolgreich sein – mit Deiner Unterstützung.

Jetzt FörderspenderIn werden: Stärke mit Deiner regelmäßigen Förderspende unsere kontinuierliche Arbeit für das 365-Euro-Jahresticket