Dein naturnaher Kleingarten
Dein naturnaher Kleingarten
Verwandle Deine Parzelle in eine Oase der Artenvielfalt (ohne mit dem Gartenvorstand und den Gartennachbarn anzuecken).
In Leipzig gibt es mehr als 39.000 Kleingartenparzellen. Die Kleingärten unserer Stadt ergeben zusammengerechnet eine riesige Fläche, die rund 1.750 Fußballfeldern entspricht. Unzählige Gartentierarten können hier Lebensraum und Nahrung finden. Mit jeder Gartensaison gibt es immer mehr Kleingärtner:innen, die ihre Parzelle bewusst in ein Paradies der Artenvielfalt verwandeln. Dennoch ist der naturnahe Kleingarten weiterhin eher die Ausnahme, als die Regel. Trotz Klimakrise und massivem Artensterben gelten in vielen Kleingartenvereinen akkurate “Strebergärten” bis heute als nachahmenswertes Ideal.
Naturgärtner:innen werden immer wieder angemahnt, Ordnung zu schaffen. Viele fürchten gekündigt zu werden oder geben ihre Parzellen wegen Differenzen mit den Gartennachbarn oder dem Vorstand resigniert wieder ab. Noch mehr Menschen scheuen sich grundsätzlich davor, im Kleingartenverein zu gärtnern. Sie haben Angst, dort mit einer naturnahen Parzelle anzuecken. Die gute Nachricht: Das muss nicht sein! Naturnahes Gärtnern ist in Kleingartenvereinen nicht nur erlaubt. Das Bundeskleingartengesetz und alle anderen Vorgaben der Landes- und Stadtverbände des Kleingärtnerwesens fordern aktiv zum Umwelt- und Artenschutz und einer entsprechenden Gestaltung und Pflege der Parzellen auf.
Ökologisches, möglichst naturnahes Gärtnern nutzt Mensch und Natur, bringt Erträge und ist Schutzraum für die biologische Vielfalt.
Das Bundeskleingartengesetz, die Rahmenkleingartenordnung des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner e.V., die Kleingartenordnung des Stadtverbands Leipzig der Kleingärtner e.V. sowie die Gartenordnung des jeweiligen Kleingartenvereins, in dem Du gärtnerst, geben vor, wie Du die Parzelle gestaltest und pflegst.
Naturnah gärtnern im Kleingartenverein: Deine Rechte & Pflichten
Im Bundeskleingartengesetz steht in §3 (1): "... Die Belange des Umweltschutzes, des Naturschutzes und der Landschaftspflege sollen bei der Nutzung und Bewirtschaftung des Kleingartens berücksichtigt werden." Viel konkreter wird es im Bundeskleingartengesetz zum Thema naturnah Gärtnern nicht.
Ein anderer Paragraph benennt, wie die Gestaltung und Pflege einer Parzelle grundsätzlich aussehen soll. Das Bundeskleingartengesetz schreibt in §1 (1) zur kleingärtnerischen Nutzung: "Ein Kleingarten ist ein Garten, der1.dem Nutzer (Kleingärtner) zur nichterwerbsmäßigen gärtnerischen Nutzung, insbesondere zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf, und zur Erholung dient."
Im Laufe der Jahrzehnte haben die Kleingartenverbände und Gerichte definiert, wie diese kleingärtnerische Nutzung konkret aussehen soll. Dabei ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.06.2004 als besonders maßgebend zu sehen, auf dessen Basis die bekannte "Drittel-Regelung" beruht. In dem Urteil steht konkret: "a) Eine Kleingartenanlage setzt nicht voraus, daß wenigstens die Hälfte ihrer Fläche zur Gewinnung von Gartenbauerzeugnissen für den Eigenbedarf (insbesondere Obst und Gemüse) genutzt wird. b) Es genügt, wenn diese Nutzung den Charakter der Anlage maßgeblich mitprägt. c) Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn wenigstens ein Drittel der Fläche zum Anbau von Gartenerzeugnissen für den Eigenbedarf genutzt wird... "
Oft wird die Drittelregelung folgendermaßen ausgelegt:
- auf einem Drittel der Parzellenfläche müssen gartenbauliche Erzeugnisse (Obst, Gemüse, Schnittblumen, Kräuter) kultiviert werden
- ein Drittel der Parzellenfläche steht zur Bebauung/Versiegelung zur Verfügung
- ein Drittel der Kleingartenfläche dient der Erholung
Diese Aufteilung ist möglich. Das Drittel, das zur Bebauung/Versiegelung benannt wird, ist allerdings als Maximum - nicht als konkrete Maßgabe - zu betrachten. Die versiegelte Fläche sollte zu Gunsten der Fläche für den Anbau gartenbaulicher Erzeugnisse und zu Gunsten der Erholungsfläche so gering wie möglich gehalten werden.
Manche Landesverbände haben zum Drittel, das für gartenbauliche Erzeugnisse genutzt werden soll, noch konkretere Vorgaben formuliert. Dieses Drittel kann nicht allein durch Obststräucher, Obstbäume oder ein Kartoffelfeld abgedeckt werden. Empfohlen wird der Anbau von Gemüse auf fünf Prozent der Gesamtparzellenfläche und von Kräutern oder Schnittblumen auf weiteren fünf Prozent der Gesamtparzellenfläche in sichtbar abgegrenzten Beeten. Hierfür wir die Begrifflichkeit "unter Spaten" verwendet. Die weiteren, für den Anbau gartenbaulicher Erzeugnisse vorgeschriebenen 20 Prozent der Gesamtparzellenfläche, können mit Obststräuchern oder Bäumen bepflanzt werden. Gewächshaus und Kompostanlage werden ebenfalls diesem Gartendrittel zugeschrieben.
Für einen 300 Quadratmeter großen Kleingarten bedeutet das konkret: Insgesamt müssen 100 Quadratmeter der Parzelle für den Anbau gartenbaulicher Erzeugnisse genutzt werden. Davon sind 15 Quadratmeter für den Anbau von Gemüse einzuplanen. Weitere 15 Quadratmeter können für die Kultur von Kräutern und Schnittblumen oder zusätzlich für den Gemüseanbau genutzt werden. 70 Quadratmeter des vorgeschriebenen Drittels der Gesamtfläche können durch die Pflanzung von Obstgehölzen abgedeckt werden. Beim Beispiel der 300 Quadratmeter-Parzelle bleibend, dürfen von den restlichen zwei Dritteln der Gartenfläche maximal 100 Quadratmeter versiegelt und bebaut werden. Die Anbau- und Erholungsfläche kann stattdessen beliebig größer sein als ein Drittel. Den einzelnen Biotopelementen, die in einem Naturgarten angelegt werden können, stehen in unserer Beispielparzelle also bis zu 200 Quadratmeter Fläche zu Verfügung. Sie werden dem Bereich "Erholung" zugeschrieben.
Weitere Rechte und Pflichten der Gartenfreund:innen werden in den Gartenordnungen der Bundesländer und Städte sowie in den individuellen Gartenordnungen der einzelnen Kleingartenvereine detaillierter abgesteckt. Was dort formuliert wird, darf den Maßgaben des Bundeskleingartengesetzes und den damit verknüpften Rechtsprechungen nicht entgegenstehen.
Die Rahmenkleingartenordnung des Landesverbands Sachsen der Kleingärtner konkretisiert die Maßgaben des Bundeskleingartengesetzes. Sie gilt für alle Pächter:innen eines vereinsorganisierten Kleingartens in Sachsen.
In der Rahmenkleingartenordnung heißt es in Punkt 1.2 zur kleingärtnerischen Betätigung: "Die Gestaltung, Pflege und Erhaltung der Kleingärten und Gemeinschaftsflächen, sowie der Schutz von Boden, Wasser und Umwelt sind Gegenstand der kleingärtnerischen Betätigung, die vor allem ökologisch nachhaltig erfolgen sollte."
Zum naturnahen Gärtnern sind die Ausführungen zum Bau eines Feucht-Biotops interessant (Punkt 3.6.). Ein Naturteich ist im Kleingarten zulässig, darf aber nicht größer als acht Quadratmeter und tiefer als 1,2 Meter sein.
In der Anlage 1 zur sächsischen Rahmenkleingartenordnung werden "Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes" benannt. Anlage 2 führt verbotene Pflanzen auf. Hier fällt besonders der insektenfreundliche Weißdorn ins Auge, der als potentieller Wirtsträger des Feuerbrands in Kleingartenanlagen nicht gepflanzt werden darf. Die Anlage 3 benennt die vorgeschriebenen Pflanz- und Grenzabstände.
Der Stadtverband Leipzig der Kleingärtner e.V. hat eine Kleingartenordnung formuliert, die die Rechte und Pflichten der Leipziger Kleingärtner:innen präzisiert.
Zum Schutz der Pachtflächen sowie zum Pflanzen-, Wasser- und Umweltschutz heißt es darin:
"10.1. Schutz der natürlichen Bedingungen
Der Kleingartenpächter ist verpflichtet, im Rahmen seiner Möglichkeiten durch sein Verhalten dazu beizutragen, dass die natürlichen Lebensbedingungen als Grundlage für die Existenz aller Lebewesen und Pflanzen gepflegt, geschützt, erhalten und gegebenenfalls wiederhergestellt werden.
10.2. Gewässer- und Hochwasserschutz
Die sich aus den Rechtsvorschriften ergebenden Bestimmungen zum Gewässer- und Hochwasserschutz sind vom Kleingärtnerverein und von den Kleingartenpächtern einzuhalten. Bei der Errichtung von Baulichkeiten, Anlagen sowie bei Anpflanzungen ist ein 5,00 m breiter Gewässerrandstreifen zu Ufern bzw. zu Gewässern einzuhalten.
10.3. Schutz des Kulturbodens
Der Kulturboden ist durch eine entsprechende Bodenbearbeitung unter Verwendung umweltfreundlicher Mittel und Verfahren in einen gesunden Zustand mit hoher Fruchtbarkeit zu versetzen und in diesem Zustand zu erhalten. Zu diesem Zweck ist dem Einsatz von Humus aus der Kompostierung, anderen organischen und humosen Düngern sowie der Gründüngung und dem Einsatz von umweltfreundlichen Mineralstoffen (Kalk, Kali, Thomasmehl u.ä.) der Vorrang zu geben. Chemische Düngemittel sind bei Beachtung der Anwendungsvorschriften im Ergebnis regelmäßiger Bodenuntersuchungen sparsam einzusetzen.
10.4. Schutz der heimischen Fauna
Die heimische Fauna, insbesondere Nützlinge, sind durch geeignete Maßnahmen zu fördern und zu schützen. Gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ist es in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September verboten, Hecken, Lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen, zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen. Ausgenommen von diesem Verbot sind Bäume in den Kleingärten. Diese können unter Beachtung des besonderen Artenschutzes (Nest- und Brutvorhaben) ganzjährig entfernt werden. Während der Brutzeit der Vögel ist das Schneiden von Hecken, Lebenden Zäunen, Gebüschen und anderen Gehölzen auf Gefahren abwendende Maßnahmen und auf den zulässigen Pflegeschnitt zu begrenzen. Das Umsetzen von Kompost-, Reisighaufen o.ä. hat im Hinblick auf etwaige Nester von Nützlingen vorsichtig zu erfolgen."
Zusätzlich zu den Rahmenbedingungen auf Bundes-, Landes- und auf städtischer Ebene erkennst Du als Kleingärtner:in die Gartenordnung Deines Kleingartenvereins an. Hier lohnt es sich ebenfalls genau nachzulesen, denn hier können weitere individuelle Details zu den kleingärtnerischen Rechten und Pflichten festgehalten sein.
Naturnahes gärtnern im Kleingartenverein ist nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht
Wenn Du die Vorgaben zur kleingärtnerischen Nutzung einhältst und dementsprechend auf mindestens einem Drittel Deiner Parzelle Gemüse, Kräuter, Schnittblumen und Obst anbaust, erfüllst Du bereits den wichtigsten gartengestalterischen Grundsatz im Kleingartenverein. Ein weiteres Muss ist das Beikrautentfernen auf den Vereinswegen, die an Deinen Kleingarten angrenzen. Die bebaute, versiegelte Fläche darf nicht mehr als ein Drittel der Parzelle ausmachen - weniger ist möglich und ausdrücklich empfohlen. Wie Du die restliche Fläche des Gartens gestaltest, kannst Du nahezu frei entscheiden. Warum nahezu? Einfach wild wachsen lassen ist im Kleingartenverein nicht nur auf den Vereinswegen vor der Parzelle ein Tabu. Auch im Garten muss jederzeit eine bewusste naturnahe Gestaltung und Pflege erkennbar sein. Naturbelassene Kleingärten sind ein Abmahnungs- und bei anhaltendem Nichteingreifen auch ein Kündigungsgrund.
Tipps und Ideen zur Gestaltung und Pflege Deines naturnahen Kleingartens
- In Deinem naturnahen Kleingarten wachsen im Zierpflanzen- und Gehölzbereich zu mehr als 50 Prozent heimische Arten. Von und an jeder heimischen Wildpflanzenart leben durchschnittlich zehn Tierarten. Viele Insekten ernähren sich vom Nektar und Pollen der Blüten. 75% der pflanzenfressenden Insekten sind zudem auf die Blätter, die Stängel oder andere Pflanzenteile als Futter angewiesen. Es gibt einige Pflanzen, die im Kleingarten verboten sind. Neben Park- und Waldgehölzen sind es in der Regel Pflanzen, die für den Naturgarten nicht interessant sind. Nennenswerte Ausnahme: Der Weißdorn, der als potentieller Wirtsträger des Feuerbrands in Kleingartenanlagen nicht gepflanzt werden darf.
- Im naturnahen Kleingarten werden umweltfreundliche Materialien genutzt. Wann immer es möglich ist, sollten sie lokal oder regional bezogen werden. Nutze Gartenkreisläufe und erhalte Ressourcen.
- Torfhaltige Substrate sind im naturnahen Kleingarten genauso tabu wie synthetische und mineralische Düngemittel. Nutze lieber Kompost, Pflanzen-Jauche, Schafwollpellets oder Klee-Dünger zur Versorgung Deiner Pflanzen. Pilz-, Insekten- und Unkrautvernichter kommen im Kleingarten nicht zum Einsatz.
- Wasserelemente, zum Beispiel ein Naturteich, dürfen im sächsischen Kleingarten insgesamt nicht größer als acht Quadratmeter sein und eine Tiefe von maximal 1,2 Metern haben. Den Bau lässt Du vorab beim Vorstand Deines Kleingartenvereins genehmigen. Als Abdichtungsmaterial empfiehlt sich eine langlebige und im Vergleich zu anderen Kunststoffen deutlich nachhaltigere EPDM-Folie. In einem Naturteich finden Molche, Frösche, Libellenlarven, Ringelnattern und viele andere Gartentierarten ein Zuhause. Sind die Uferzonen flach gestaltet, können Vögel, Insekten, Igel und andere Kleinsäuger die Wasserstelle zum Trinken nutzen.
- Viele Tiere profitieren von Trockensteinmauern an sonnigen Gartenstandorten. Du kannst zum Beispiel eine Kräuterspirale aus Ziegelsteinen bauen. In vielen Kleingärten versiegeln Terrassen- und Gehwegplatten große Flächen. Raus damit! Zerschlägst Du die Platten, lassen sich daraus Hochbeete oder Trockenmauern bauen, die optisch durchaus überzeugen. Viele Insekten, Spinnen und Echsen nutzen die Steinritzen als Lebensraum. Schmetterlinge verweilen gern auf aufgewärmten Steinelementen.
- Totholz darf als Lebensraum und Nahrungsquelle in keinem Naturgarten fehlen. Benjeshecken oder andere Totholzelemente sind auch im Kleingarten gestattet.
- Schaffe in Deinem naturnahen Kleingarten Nistplätze für Wildbienen und Gartenvögel und gestalte ihn igelfreundlich.
- Vermeide Lichtquellen, die dauerhaft aktiv sind. Die Lichtverschmutzung in Kleingartenanlagen nimmt ununterbrochen zu. Nachtaktive Tiere werden durch die vielen Lichterketten, Leuchtstecker und -kugeln, die dank Solarbetrieb die ganze Nacht leuchten, massiv gestört.
Du gärtnerst auf Deiner Parzelle bereits naturnah? Zeig es uns und anderen Interessierten!
Es gibt verschiedene Wettbewerbe, die naturgärtnerisches Engagement im Kleingarten auszeichnen. Bis zum 30.04.2024 sucht die Stadt Leipzig gemeinsam mit uns Ökolöwen und anderen Umwelt- und Gartenverbänden Leipzigs "Naturnahen Kleingarten". Mit der Bewerbung für eine Prämierung ist ein Auswahlverfahren und die Begutachtung der Parzelle verbunden. Das bietet die Chance, den eigenen Kleingarten einer Fachjury zu präsentieren und wertvolles Feedback zu bekommen.
Gleichzeitig gibt es neben einem Geldpreis eine Plakette zu gewinnen, die schon am Gartentor klar macht: Hier wird ausgezeichnet gegärtnert! Gibt es kritische Stimmen im Gartenverein, verstummen sie angesichts der Plakette schnell. Vielleicht weckt die Auszeichnung zudem das Interesse und den Mut anderer Gärtner:innen, selbst naturnah zu gärtnern.
Um Andere zum naturnahen Gärtnern zu inspirieren und darauf aufmerksam zu machen, warum der eigene Kleingarten bewusst naturnah gestaltet ist, können Hinweisschilder zu einzelnen Biotopstrukturen und Informationen zum Artenschutz gut sichtbar im Garten aufgehängt werden. Für Tipps, wo Du hochwertige Hinweisschilder bekommst, melde Dich gern unter gruenestadt@oekoloewe.de.
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