Im Leipziger Auwald wird Naturschutz verstärkt
Im Leipziger Auwald wird Naturschutz verstärkt
Wir Ökolöwen arbeiten für den Erhalt und die Revitalisierung der Auenlandschaft. Denn Naturschutz ist das oberste Ziel im Leipziger Auensystem.
Mit der Fortschreibung des europäischen Artenschutzrechtes (Bialowieza-Urteil) verbesserten sich die Mitwirkungsrechte für anerkannte Naturschutz- und Umweltvereinigungen bei der Forstwirtschaftsplanung. Anfang des Jahres haben wir Ökolöwen zum Forstwirtschaftsplan 2018 gegenüber der Forstbehörde fachlich Stellung bezogen. Diese Stellungnahme wurde um eine Maßnahmenliste zur Vorsorge, Minderung und Nachsorge (streng) geschützter Auwald-Arten ergänzt. Des Weiteren wurden Rahmenbedingungen formuliert, die eine naturschutzfachliche Konformität der Forstmaßnahmen gewährleisten.
Um eine intakte Auenlandschaft und einen gesunden Auwald auch in Leipzig wieder vorzufinden, muss die Auenlandschaft revitalisiert werden. Daher braucht dieses einzigartige Naturreich dringend Wasser und muss an natürliche Fließgewässer angeschlossen werden. Denn nur so werden auentypische, periodisch wechselnde (Hoch-)Wasserstände möglich und nur so kann die Auenlandschaft wieder einen natürlichen Zustand erreichen.
Forstmaßnahmen ersetzen keinesfalls natürliche Prozesse. Sie können aber grundsätzlich geeignet sein, eine Artenzusammensetzung zu erreichen, die typisch für einen Auwald ist. Allerdings sind die forstlichen Maßnahmen in ihrer Wirkung begrenzt. Sie sind eine Art Symptombehandlung, um die geschützten Lebensräume in ihrer speziellen Artenzusammensetzung zu erhalten und zu fördern.
Grundlegende Rahmenbedingungen für einen verstärkten Naturschutz
Die forstlichen Maßnahmen des Leipziger Auwaldes werden regelmäßig fachlich und wissenschaftlich hinterfragt und immer wieder auf den Prüfstand gestellt. Da der Leipziger Auwald Natura 2000-Gebiet ist, stehen die Belange des Natur- und Artenschutzes an erster Stelle. Um die naturschutzrechtlichen Anforderungen des europäischen Naturschutzes einzuhalten, erfüllen alle forstlichen Maßnahmen ab diesem Jahr folgende Rahmenbedingungen:
Alle Biotop- und Starkbäume bleiben erhalten und sollen optimale Standortbedingungen erhalten. Der Anteil wird auf mindestens zehn Biotop- und Starkbäume pro Hektar erhöht, während in anderen Natura 2000-Gebieten fünf bis sechs Höhlenbäume als Zielvorgabe angegeben sind.
Warum? Nur so können die Nahrungsgebiete und Lebensstätten der Zielarten nachhaltig gesichert werden. Zum Beispiel sind die streng geschützten Natura 2000-Arten Eremit, Mopsfledermaus und Mittelspecht besonders auf diese Biotopbäume als Nahrungs- und Lebensstätten angewiesen.
Diese Arten wurden im Rahmen von Natura 2000 unter europäischen Schutz gestellt. Hierbei wurde unter anderem neben deren Seltenheit auch besonders auf deren Funktion als Zielarten in spezifischen Lebensräumen geachtet. Zielarten stehen repräsentativ für zahlreiche weitere (geschützte) Arten mit gleichen Lebensraumansprüchen. Zum Beispiel ist der Eremit, eine streng geschützte Käferart, repräsentativ für weitere holzliebende Käferarten wie der Rosenkäfer, die auf „alt anbrüchige und/oder höhlenreiche Laubbäume […] in lichten Laubwäldern mit hohem Totholzanteil“ (Verordnung FFH-Gebiet „Leipziger Auensystem“) angewiesen sind. Und dort, wo Mittelspecht und Mopsfeldermaus vorkommen, fühlen sich auch Nachtigall, Pirol, Turteltaube und Waldkauz wohl.
Begehungen und Kontrollen von Flächen, auf denen forstliche Maßnahmen umgesetzt werden sollen, sind nicht neu. Dies findet jedes Jahr im Vorfeld statt. Neu ist eine ökologische Forstbegleitung: Hierbei kontrollieren Sachverständige die Bäume direkt vor der Fällung. So wird das Risiko verringert, unbeabsichtigt unentdeckte Lebensstätten zu zerstören oder Tiere zu verletzen bzw. zu töten. Die ökologische Forstbegleitung stellt sicher, dass die Qualität der Umsetzung den naturschutzfachlichen Anforderungen entspricht.
Die Verkehrssicherungspflicht besteht nicht nur im Stadtgebiet, sondern muss auch auf Wegen, Spiel- und Sportplätzen im Auwald gewährleistet werden. Dies findet ab sofort in abgestufter Form statt. So werden an Hauptverkehrswegen weiterhin Maßnahmen zur Verkehrssicherung durchgeführt, damit die LeipzigerInnen sicher im Auwald unterwegs sein können. An Nebenwegen werden vorsorglich Bäume, von denen eine hohe Gefahr ausgeht, aus dem Bestand genommen.
Was bedeutet Verkehrssicherungspflicht im Auwald?
Geht die Gefahr von typischen Waldgegebenheiten aus, dann ist keine Verkehrssicherungspflicht von Nöten. Ein Beispiel hierfür wäre ein abbrechender Ast an einem gesunden Baum.
Bei untypischen Gefahren, wie ein abbrechender Ast eines kranken Baumes, muss dagegen die Verkehrssicherheit gewährleistet sein. In vielen Bereichen des Auwaldes ist das Eschentriebsterben sehr ausgeprägt. Diese Baumkrankheit lässt die Eschen instabil werden. Hier muss der Förster dafür sorgen, dass von diesen Eschen keine Gefahr auf die WaldbesucherInnen ausgeht.
Vor forstlichen Maßnahmen werden im betreffenden Waldbereich Kartierungen von Stark- und Höhlenbäumen durchgeführt sowie die Natura 2000-geschützten Arten erfasst, wenn diese noch nicht vollständig sind. Daraufhin werden die forstlichen Maßnahmen entsprechend verändert bzw. angepasst. So werden die Lebensstätten für diese Arten nachhaltig gesichert. Wir Ökolöwen haben begonnen, Fledermäuse zu kartieren. So konnten wir die streng geschützte Mopsfledermaus in der Nonne nachweisen.
Mit der Abteilung Stadtforsten wurde vereinbart, dass ein naturschutzfachliches Prüfverfahren (FFH-Verträglichkeitsprüfung) durchgeführt wird. In diesem Prüfverfahren wird beurteilt, ob die forstlichen Maßnahmen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgüter (Lebensräume einschließlich ihrer charakteristischen Arten und deren gebietsspezifische Funktionen sowie Besonderheiten) führen können.
Nach unserer Kenntnis gab es ein solches Prüfverfahren für Forstmaßnahmen in Sachsen noch nie. Es ist das erste Mal, dass bei forstlichen Maßnahmen in Natura 2000-Gebieten das europäische Recht in nationales Recht integriert wird.
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