Südvorstadt - Pilotquartier der Leipziger Wärmewende
Südvorstadt - Pilotquartier der Leipziger Wärmewende
Leipzig schließt die westliche Südvorstadt an die Fernwärme an. Wenn sie die Straßen dafür ohnehin aufreißt, will die Stadt sie gleich richtig schick machen - dazu noch klimaangepasst im Sinne der Schwammstadt. Doch ist das wirklich so? Was hat die Stadt geplant? Was sagen wir Ökolöwen dazu? Wir klären auf.
Leipziger Wärmeplan als Grundlage für Pilotquartiere
Die Wärmewende ist der wichtigste und gleichzeitig der schwierigste Teil der Energiewende. Aktuell stammen rund 46 Prozent der Leipziger Treibhausgasemissionen aus der Wärmeerzeugung.
Damit die Wärmewende in Leipzig strukturiert und nachhaltig umgesetzt werden kann, erstellt die Stadt bis Mitte 2026 einen kommunalen Wärmeplan. Er legt Leipzigs Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung fest. Der Stadtrat entscheidet abschließend darüber.
Die Fernwärme bildet die Basis für die Leipziger Wärmversorgung (rote Gebiete). Die Fernwärmegebiete sollen ausgebaut werden, um Öl- und Gasheizungen in den Häusern zu ersetzen (grüne Gebiete). Zuerst ist die westliche Südvorstadt an der Reihe. Sie ist damit das Pilotquartier für die Wärmewende in Leipzig.
Südvorstadt - Pilotquartier der Wärmewende in Leipzig
Neben dem Fernwärmeausbau will die Stadt zusätzlichen Mehrwert für die Bürgerinnen und Bürger der Südvorstadt schaffen: Mehr Straßengrün sowie blau-grüne Elemente wie Baumrigolen und Versickerungssysteme sollen den Hitzestress im Quartier senken und Regenwasser nachhaltiger nutzen, heißt es auf der Seite der Stadt Leipzig.
Die Stadt will im Pilotquartier Lade- und Lieferzonen schaffen, um die Gewerbetreibenden zu entlasten. Sie will Kreuzungen barrierefrei umgestalten und die Kochstraße zur Fahrradstraße umwidmen. Zudem plant die Stadt, den Durchgangs- und Schleichverkehr vor Ort zu minimieren.
Bereits sanierte Straßenbereiche und große Hauptstraßen bleiben ausgenommen. In einigen Straßen saniert das Mobilitätsamt lediglich die Straßendecke (z.B. Fockestraße). Die Stadt wertet nur einige Nebenstraßen insbesondere südlich der Kurt-Eisner-Straße grundlegend auf. Insgesamt soll sich die Aufenthaltsqualität in der westlichen Südvorstadt deutlich verbessern.
Was im Detail umgebaut werden soll, hat die Stadt in einem Masterplan aufgeschrieben (siehe download), über den der Stadtrat voraussichtlich in der Dezembersitzung 2025 entscheidet.
Folgende Punkte will die Stadt Leipzig in der westlichen Südvorstadt umsetzen:
✅ Fahrradstraße Kochstraße (Kfz / Anlieger frei) einschließlich Deckensanierung mit Erhalt/Ergänzung von Straßenbäumen
✅ Vermeidung von Kfz-Durchgangsverkehr im Wohngebiet durch neue Modale Filter an Kurt-Eisner- und Richard-Lehman-Straße sowie Diagonalsperren in der Brandvorwerkstraße und Kochstraße. Alle Hauseingänge bleiben mit dem Kfz erreichbar.
✅ Erhalt und Nachpflanzen von Straßenbäumen: Angestrebt ist ein gleichmäßiges, beidseitiges Baumraster mit hoher Kronenüberdeckung. Der Abstand soll 15m nicht überschreiten.
✅ Fahrrad-Anlehnbügel sowie Leerungsstandorte für Mülltonnen neben den Straßenbäumen, damit diese nicht mehr die Gehwege blockieren.
✅ Anlegen von Pflanzbeeten insbesondere dort, wo unterirdische Leitungen Straßenbäume verhindern.
✅ Lieferzonen in jedem Straßenabschnitt: Diese sollen am Tag dem Be- und Entladen sowie dem Parken für Pflegedienste und Handwerker:innen dienen. Nachts können dort alle regulär parken.
✅ Neue Mobilitätsstationen (Carsharing, E-Scooter) in der Kochstraße und Brandvorwerkstraße
✅ Sanierung Gehwege und neue Gehwegvorstreckungen: Die Stadt plant, alle Kreuzungen für Fußgänger:innen verkehrssicher umzugestalten. Wo nötig, saniert sie die Gehwege.
✅Sitzbänke sollen in jedem Straßenabschnitt neben Straßenbäumen eingeordnet werden.
✅ Denkmalgerechter Erhalt von Materialen der Gehwege sowie Einbauten wie Handschwengelpumpen etc.
✅ Zusätzliche Bushaltestellen Linie 89: Die Haltestellennachverdichtung im Zuge der Verlängerung der Linie soll mit Fernwärmeausbau koordiniert werden.
Diese Punkte bleiben unklar:
❓Umfang blau-grüner Infrastruktur: Der Masterplan gibt zu Straßenbäumen konkrete Vorgaben. Bei sonstigen blau-grünen Infrastrukturen verweist er auf Machbarkeitsstudien.
❓Niederschlagsmanagement: Der Masterplan formuliert das Bewirtschaftungsziel und verweist auf spätere Planungsphasen. Für zentrale Versickerungsbereiche will die Stadt eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.
❓Parkraummanagement / Quartiersgaragen: Ob und wenn ja, wie eine Parkraumbewirtschaftung kommt, bleibt vage. Der Masterplan verweist auf weitergehende Untersuchungen und Planungen. Drei Standorte für neue Quartiersgaragen werden geprüft.
❓E-Ladeinfrastruktur: Art und Umfang für das Laden von E-Autos bleiben unklar.
❓Bürger:innenbeteiligung: Nachdem der Stadtrat den Masterplan beschlossen hat, sollen Veränderungen nur noch innerhalb des Plans diskutiert werden können. Eine Verbändebeteiligung fand bisher nicht statt. Ob und wenn ja, inwieweit Bürger:innen konkrete Straßenpläne zu den einzelnen Nebenstraßen diskutieren können, geht aus den Unterlagen bisher nicht hervor.
Masterplan Stadt Leipzig Pilotquartier Südvorstadt
Position Ökolöwe e.V. zum Masterplan Pilotquartier Südvorstadt West
Wir Ökolöwen begrüßen, dass die Stadt mit dem Einbau der Fernwärmerohre gleich die Gelegenheit nutzt, den öffentlichen Straßenraum auf den neuesten Stand zu bringen. Viele Punkte aus dem Masterplan sind schlüssig, gut durchdacht und nachvollziehbar.
Für den Fuß- und Radverkehr wird es insgesamt Verbesserungen geben. Beim Thema Verkehrsberuhigung ist aber noch Luft nach oben. Die Kinderperspektive z.B. in Form von Spielstraßen fehlt bisher. Auch bei Carsharing und Lieferzonen ist die Stadtverwaltung viel zu zaghaft. Wir Ökolöwen fordern an jeder Straßenkreuzung ein Carsharing-Auto. Der Wirtschaftsverkehr braucht deutlich mehr Lieferzonen. Radfahrer:innen brauchen hochwertige, teils verschließbare Fahrradparkplätze.
Position von Ökolöwe e.V., ADFC und Verkehrswende Leipzig zum Pilotquartier Südvorstadt
In puncto Klimaanpassung und blau-grüne Infrastruktur bleibt der Masterplan ebenfalls viel zu zurückhaltend. Wir begrüßen, dass die Stadt Straßenbäume pflanzt. Doch darüber hinaus erfährt man wenig Konkretes zur Hitzeanpassung bzw. zur Begegnung von Starkregenereignissen. Für ein Pilotquartier in einem dicht bebauten Hitzehotspot bei einer Erderhitzung von 3℃ ist das zu wenig. Im Grunde baut die Stadt nach dem Standard, den man in Leipziger Nebenstraßen mitunter schon heute sieht.
Wir Ökolöwen fordern ein Pilotquartier Schwammstadt Südvorstadt. Die Stadt muss die einzelnen Straßen umfassend umgestalten und auf eine 3℃-Welt anpassen. Dafür ist eine intensive Bürger:innenbeteiligung aufzugleisen.
Gründung einer Quartiersentwicklungsgesellschaft mbH
Um das Pilotquartier in möglichst kurzer Zeit umzugestalten und den kommunalen Wärmeplan umzusetzen, gründen Stadt und Leipziger Gruppe eine neue Quartiersentwicklungsgesellschaft mbH. Dies soll helfen, Kosten zu reduzieren und die Belastungen für die Bewohner zu minimieren, da Stadt und L-Gruppe nicht zeitlich versetzt bauen.
Wir Ökolöwen fordern, dass dieser Gesellschaft Kompetenzen und Ressourcen für den Umbau zu Schwammstädten mit intensiver Bürger:innenmitwirkung gegeben werden. Es kann nicht sein, dass es nur darum geht im Hinterzimmer schnell Pläne zu machen und ohne demokratischen Prozess auszuschreiben.
Weitere Ausbauquartiere für die Fernwärme in Leipzig
Die westliche Südvorstadt ist die Nagelprobe für die Quartiersentwicklungsgesellschaft. Die gemachten Erfahrungen sollen den darauffolgenden Stadtgebieten zugutekommen. Das sind
- Reudnitz
- Neulindenau
- Waldstraßenviertel
- Gohlis Süd
- St. Georg
Wir Ökolöwen hoffen, dass die Stadtverwaltung bis dahin den Willen aufgebaut hat, Quartiere als echte Schwammstädte zu schaffen. Hilf der Stadt, diesen Willen aufbauen und unterschreibe den Ökolöwen-Appell. Leipzig muss Schwammstadt werden!
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